Kommentar zum Hebräerbrief Kap.10

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(Hebr. 10,1)

Denn da das Gesetz einen Schatten der zukünftigen Güter, nicht der Dinge Ebenbild selbst hat, so kann es niemals mit denselben Schlachtopfern, die sie alljährlich darbringen, die Hinzunahenden für immer vollkommen machen.

Eine andere Übersetzung verwendet den Satz „Denn da das Gesetz einen Schatten der Güter, die in Vorbereitung sind“ und nicht „der zukünftigen Güter“.

Wir haben darüber gesprochen, über welches Gesetz wir sprechen – über das Gesetz des Priestertums, nicht über die Tora als Ganzes, sondern über die Rechtsordnung des Volkes, über das Gesetz der Opfer. Schauen wir uns nun das Wort Schattenskian (σκιαν) an, mit dem der Autor das zehnte Kapitel beginnt. Das Wort wird auf verschiedene Weise verwendet, zum Beispiel als ein Gespenst, eine Erscheinung oder was wir aus der Ferne sehen. Und es wäre richtiger, eine Analogie zum hebräischen Wort זיו siw (der Glanz) zu ziehen: wie ein Sonnenstrahl an der Wand reflektiert wird, so reflektierte die Stiftshütte von Mosche das Licht der himmlischen Stiftshütte. Es war eine Projektion des Himmlischen auf das Irdische, damit dieses Irdische zum Himmlischen heranwächst. Das heißt, „das Gesetz war ein Schatten der Güter, die vorbereitet wurden“, was bedeutet, dass das Gesetz war nicht das eigentliche Kern des versprochenen, sondern nur die Vorbereitung, wir können auch das Wort „Trainingsgerät“ verwenden.

So kann es niemals mit denselben Schlachtopfern, die sie alljährlich darbringen, die Hinzunahenden für immer vollkommen machen“ ‒ das heißt, das Gesetz der Stiftshütte von Mosche, nach dem kohen gadol (der Hohepriester) jedes Jahr in das Allerheiligste eintrat (genau darum geht es hier), konnte weder den Priester selbst noch das Volk endgültig und ein für allemal reinigen, und von Jahr zu Jahr, an jedem Jom Kippur, musste er diese Stiftshütte betreten. Warum war es notwendig? ‒ Da das Gesetz gerade erst vorbereitet wurde, handelte es sich sozusagen um eine „Schulhütte“, und damit es funktionieren konnte, war es notwendig, es endlich mit dem Himmel zu verbinden.

(Hebr. 10,2-4)

Denn würde sonst nicht ihre Darbringung aufgehört haben, weil die den Gottesdienst Übenden, einmal gereinigt, kein Sündenbewusstsein mehr gehabt hätten? Doch in jenen Opfern ist alljährlich ein Erinnern an die Sünden; denn unmöglich kann Blut von Stieren und Böcken Sünden wegnehmen.

Das heißt, dass die genaue Anweisung des Gesetzes, nach der der Priester jährlich Opfer darbrachte ‒ es war nicht so, als hätte der Herr es Mosche befohlen, aber das Volk hat es nicht geschafft. Gott selbst befahl dem Volk, jedes Jahr das Blut von Stieren und Böcken zu bringen, um die Menschen von Sünde zu reinigen, aber es sollte keine dauerhafte Reinigung, keine Befreiung von den Sünden bewirken. Wir können wiederum sagen, dass das hat einen Menschen Gott näher gebracht, aber nicht zu Gott geführt. Das Blut von Opfertieren bedeckte die Sünden und brachte einen Menschen Gott näher, aber es nahm seine Sünden nicht weg, es reinigte den Menschen nicht vollständig, und deshalb wurde er jedes Jahr durch Opfer an die Sünde erinnert.

(Hebr. 10,5-7)

Darum spricht er, als er in die Welt kommt (Psalm 40,7-9): »Schlachtopfer und Opfergabe hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet; an Brandopfern und Sündopfern hast du kein Wohlgefallen gefunden. Da sprach ich: Siehe, ich komme – in der Buchrolle steht von mir geschrieben, um deinen Willen, Gott, zu tun.«

Was bedeutet es: „Spricht er, als er in die Welt kommt“? Wer auch immer es ist, was bedeutet es „in die Welt zu kommen“? Im Hebräischen gibt es einen stabilen Ausdruck, dass jedes Ding zu einem bestimmten Zweck in die Welt kommt: ba leulam (in die Welt kommen). Es ist in der talmudischen Literatur und in der neuesten Literatur, auch in der Mischna (mündliche Tora) bekannt, dass ba leulam heißt, mit einem Ziel in die Welt eintreten, um etwas zu tun. Und auf die gleiche Weise, wenn „in die Welt kommt“ (was kommt in die Welt?) ‒ ein neuer Bund kommt in die Welt, eine neue Vereinbarung kommt in die Welt, dementsprechend betritt Maschiach das himmlische Heiligtum und übernimmt sein Amt. Und er spricht und erklärt so den Zweck seines Kommens, indem er Psalm 40 zitiert (wir lesen aus der Übersetzung aus dem Masoretischen Text):

Du wolltest (gewünschthafatza) keine Opfer und Gaben, aber Du hast mir die Ohren geöffnet (Du hast mich hören lassen, hast mir eine neue Ebene des Hörens eröffnet), Du verlangtest (gefordertschaalta) von mir kein Brandopfer für die Sünde“. ‒ Das heißt: „Du hast mich der Reinigung gelehrt, Du wolltest keine ( לא חפצת – lo hafatzta) Opfer und Gaben, und verlangtest kein (לא שאלת ‒ lo schaalta) Opfer für die Sünde von mir“ – zwei Verben, die übersetzt werden können: Forderung und Wunsch. Das Wort חפץ hofetz deutet auf das Endziel, wonach der Mensch oder Gott strebt ‒ den Endpunkt der Aufgabe. Wenn ich, zum Beispiel, mir eine Suppe (Endziel) wünsche (hofetz), um mein Ziel zu erreichen, will (רוצה roze, das ist ein anderes Wort) ich beispielsweise Gemüse, Gewürze oder andere Produkte zum Kochen kaufen. Das heißt, der Allmächtige hatte kein Ziel, Opfer und Gaben zu erhalten, Er isst keine Stiere, trinkt kein Blut, Er isst nicht das Weizenmehl, den wir ihm bringen, Er braucht überhaupt nichts. Er schuf die Welt nicht dafür, dass die Menschen Ihn ernähren, sondern Er schuf die Welt, damit der Mensch im Gehorsam Ihm gegenüber über alles Lebendige herrschen kann, wie es im Buch Bereschit (1.Mose) heißt.

Du verlangtest von mir kein Brandopfer für die Sünde“ ‒ wieder lo schaalta, das heißt, Er hat es nicht selbst verlangt. Gott braucht mein Opfer nicht für meine Korrektur, Gott bestraft weder mich noch irgendjemanden von uns, um einige seiner Verluste auszugleichen oder seinen Schatz aufzufüllen. Wir sprechen hier von der Selbstgenügsamkeit des Allmächtigen, davon, dass der Allmächtige diese Welt nicht zum Geldverdienen, nicht zur Besteuerung und nicht zur Selbstbereicherung geschaffen hat.

In Vers 8 von Psalm 40 lesen wir: „Da sagte ich: Hier bin ich gekommen, wie es mir in der Buchrolle vorgeschrieben ist (wie es mir in der Rolle der Tora vorgeschrieben ist)“ ‒ Bücher wurden früher in Form einer Schriftrolle geschrieben. Die Septuaginta fügt hier noch „den Anfang des Buches“ hinzu, aber das ist nicht ganz richtig. Das ist Teil einer wichtigen Debatte, über die wir später sprechen werden.

Hier bin ich gekommen, wie es mir in der Schriftrolle vorgeschrieben ist, ich will Deinen Willen tun“ ‒ Wille wird hier mit dem Wort רצון razon übersetzt, weil razon den Weg bedeutet oder Zwischenstationen, die zum Ziel führen; razon ist das, was benötigt wird, um hofetz (das gewünschte Endziel) zu erreichen, um Seinen Willen zu erfüllen, damit Sein Endziel, das, was Er hofatz ‒ erreicht wird.

Ich wiederhole diese drei verschiedenen Verben:

gewünscht (חפצת hafatzta) ‒ das bedeutet: als Endziel gesetzt;

verlangt (שאלת schaalta) ‒ das bezieht sich nicht auf das Endziel, das ist nur eine Art vorübergehendes Einkommen;

wollen (רצון razon) ‒ das bedeutet Mittel zum Zweck, das Wort razon bedeutet also das, was fehlt auf dem Weg, um das Endziel zu erreichen.

Lasst uns noch einmal diesen sehr einfaches Beispiel anführen, das ich gegeben habe: Wenn ich Suppe kochen wünsche (hofatz) und kein Gemüse habe, dann will ich gehen und kaufen das Gemüse ‒ das ist mein razon.

Werfen wir einen Blick auf die fragliche Schriftrolle. Im Talmud, in dem Traktat Gitin 60a, sagt Rabbi Johanan über diesen Vers, dass die Tora für die Welt Schriftrolle für Schriftrolle (Megilah Megilah) offenbart wird. Gott hat den Menschen nicht sofort alles offenbart, Gott offenbart seine Pläne nach und nach. Wir haben viel darüber gesprochen, als wir das Buch Jona gelesen haben, in dem Gott ihm zuerst sagt: „Gehe nach Ninwe“ (Kapitel 1), und erst in Kapitel 3 sagt Gott zu Jona, womit er eigentlich nach Ninwe gehen soll, was soll er in Ninwe prophezeien.

Gott offenbart Seine Pläne nicht immer sofort und von dieser These aus beginnt eigentlich der Brief an die Hebräer, als das Wort „πολύμέρος“ ‒ viele Teile verwendet wird. Gott offenbarte Seine Offenbarung in vielen Teilen, damit die vollständige Offenbarung im Maschiach Jeschua gegeben werden konnte. Und darüber spricht eigentlich das Zitat: „Brandopfer und Schlachtopfer gefallen Dir nicht, da sagte ich: Siehe, ich gehe, wie in der Schriftrolle über mich geschrieben steht, Deinen Willen zu tun, o Gott“.

(Hebr. 10, 8-9)

Vorher sagt er: »Schlachtopfer und Opfergaben und Brandopfer und Sündopfer hast du nicht gewollt, auch kein Wohlgefallen daran gefunden« – die doch nach dem Gesetz dargebracht werden; dann sprach er: »Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun« – er nimmt das Erste weg, um das Zweite aufzurichten.

Der Psalm sagt, dass das Endziel der Tora nicht das Opfer war, und das Opferdienst hatte nicht einmal das Ziel, die Menschen zu bessern, sondern, die gesamte gesetzliche Opferordnung diente dazu, das Volk darauf vorzubereiten, das Hauptopfer anzunehmen – das Opfer des Maschiach Jeschua. Der Autor sagt, dass Maschiach sprach: „Das war nicht das Endziel, Du hast Dein Ziel erweitert und deutlicher angedeutet“, und dafür „schiebst Du das Erste beiseite, um das Zweite aufzurichten“. Gott sagt: „Ich möchte nicht, dass Jona einfach nach Ninwe geht“, Gott sagt: „Ich möchte eure Offenbarung verständlicher machen, damit ihr nicht nur die irdische Stiftshütte von Mosche sieht, sondern damit ihr sieht, dass diese Stiftshütte bis zum Himmel reicht.“ Er fordert uns auf, unsere Augen zu bewegen und die Stiftshütte zu sehen, die bis zum Himmel reicht.

(Hebr. 10,10)

In diesem Willen ( חופץ ‒ hofetz) sind wir geheiligt durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi.

Gott bewegt sich auf Sein Ziel zu und erreicht Sein Ziel dadurch, dass Sein Wille (razon) erfüllt wird, damit wir von Jeschua geheiligt werden, damit wir Ihm dienen und dementsprechend sein Ziel (חופץ hofetz) erfüllen .

Das ist ziemlich schwierig, ich habe den Leser wahrscheinlich mit jüdischen Begriffen verwirrt. Ich wiederhole es noch einmal: hofetz ist ein Verlangen, ein Wunsch das auch ein Endziel ist, und razon ist ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, und Gott hat Jeschua ernannt, um uns zu reinigen. Die Reinigung der Welt, die Rettung der Welt, die Erlösung der Welt ‒ das ist das ultimative Endziel (hafatz): „Gott hat die Welt so geliebt, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab.“ Sein razon (Mittel, um dieses Ziel zu erreichen) war, dass der eingeborene Sohn ein Opfer für die Welt werden sollte, weil Er diese Welt liebt, Er will diese Welt bewahren und ordnen ‒ hofetz leulam.

(Hebr. 10,11-13)

Und jeder Priester steht täglich da, verrichtet den Dienst und bringt oft dieselben Schlachtopfer dar, die niemals Sünden hinwegnehmen können. Dieser aber hat ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht und sich für immer gesetzt zur Rechten Gottes. Fortan wartet er, bis seine Feinde hingelegt sind als Schemel seiner Füße.

Das ist ein Zitat aus Psalm 109. Gewöhnlich stellt man dazu diese Frage: Was wird er tun, nachdem „die Feinde zu seinen Füßen gelegt wurden“? Paulus gibt eigentlich eine Antwort auf diese Frage: „Nachdem ihm alles untergeordnet ist, unterwirft er sich selbst dem Allerhöchsten“, wir lesen das in den Paulusbriefen. Aber er wird zur Rechten Gottes sitzen bleiben.

Bis“ ‒ bedeutet hier: Du wirst sitzen bleiben und es sehen. Und dann wirst du auch weiter zur Meiner Rechten sitzen, aber in noch größerer Herrlichkeit.

(Hebr. 10, 14)

Denn mit einem Opfer hat er die, die geheiligt werden, für immer vollkommen gemacht.

Wenn wir mit Jeschua sterben, nehmen wir an seiner Opfergabe teil, wir gehen nicht mit dem Blut von Ziegen und Stieren ein, wir können mit ihm gekreuzigt werden und auch mit seinem Blut eingehen; wir können zu Gott kommen und dadurch für immer geheiligt werden, indem wir unser Blut zu seinem Blut machen, unsere Leiber als „gefälliges Opfer“ darbringen, wie Paulus es nennt.

(Hebr. 10,15-18)

Das bezeugt uns aber auch der Heilige Geist; denn nachdem er gesagt hat (Jeremia 31,33-34): »Dies ist der Bund, den ich für sie errichten werde nach jenen Tagen, spricht der Herr, ich werde meine Gesetze in ihre Herzen geben und sie auch in ihren Sinn schreiben«; und: »Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nicht mehr gedenken.« Wo aber Vergebung dieser Sünden ist, gibt es kein Opfer für Sünde mehr.

Hier erklärt der Autor, was sich nach Jeschuas Opfer geändert hat. Wenn wir uns zum Beispiel den hebräischen Kommentaren zu Psalm 39 zuwenden, dann sagt Malbim: „Wenn wir keine Anweisungen über Opfer erhalten hätten, gäbe es immer noch das Bedürfnis nach Opfern und die Sehnsucht nach dem Tod als eine Art Besserung, hätten wir auch gehabt“. Wieso? Weil dann wäre die Tora, laut Malbim, in unsere Herzen geschrieben. Das ist ein jüdischer, ziemlich moderner Kommentator und diese Idee ist ziemlich modern, aber diese Idee ist aus der jüdischen Tradition entstanden.

Wo aber Vergebung dieser Sünden ist, gibt es kein Opfer für Sünde mehr“ ‒ Wenn das Opfer gebracht wird, werden wir mit Jeschua gekreuzigt. Er ist für uns eingetreten, wie der Autor sagt „als Vorläufer“, er ist der Erste, der hineingegangen ist, auch wir müssen hineingehen. Wir können dort nicht eintreten, wenn wir nicht mit ihm gekreuzigt werden, wenn wir nicht mit ihm sterben und mit ihm auferstehen (Der Autor spricht hier nicht darüber, aber Paulus spricht von der Notwendigkeit, gekreuzigt zu werden). Das ist die Grundlage unseres Glaubens, dass wir, wenn wir mit ihm sterben, mit ihm auferstehen werden, und wo es eine auferstandene Person gibt, gibt es keine Erinnerung mehr an die Sünde und wo es keine Vergebung der Sünden gibt, gibt es keine Notwendigkeit eines Opfers für die Sünde.

(Hebr. 10,19-20)

Da wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum, den er uns eröffnet hat als einen neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang – das ist durch sein Fleisch,

Bitte beachtet, dass der Autor sagt, dass wir das Recht haben, das Heiligtum durch das Blut von Jeschua zu betreten. Das wirft noch einmal Licht auf das, worüber wir in Kapitel 9 gesprochen haben: dass Jeschuas Tod der Mittler beim Abschluss des Bundes ist. Durch sein Blutvergießen und seinen Tod wurde es uns ermöglicht, das Heiligtum zu betreten.

Den er uns eröffnet hat als einen neuen und lebendigen Weg“ ‒ beachten wir den Satz „uns eröffnet“. Wenn man sich den griechischen Text ansieht, da steht es so: „Er hat uns den Weg frisch und lebendig erneuert“. Was bedeutet „erneuert“? Das bedeutet, dass dieser Weg bereits existierte, aber er war baufällig. Wir haben darüber gesprochen, dass der Bund „alt“ heißt und nachdem er diesen Weg wieder erneuert hatte, erneuerte er nicht nur den bisherigen Weg, sondern richtete ihn auch so aus, dass wir den Mut haben, in den Himmel selbst aufzusteigen und dass wir eine himmlische Berufung haben, mit ihm in ein himmlisches Fest einzutreten. Er erneuerte diesen Weg, d. h. er stellte die „gefallene Hütte Davids“ (sukkat david hanofelet) wieder her, das auch von den Propheten gesagt wird. Also hier geht es um die Erneuerung des Bundes. Er ersetzte nicht, er bahnte keinen anderen Weg, sondern erneuerte ihn. Beachtet es, den Vers 20 sehr wichtig ist, deshalb wiederhole ich ihn mehrmals.

Durch den Vorhang – das ist durch sein Fleisch“ ‒ hier kann das Fleisch als Weg bezeichnet werden. „Der Vorhang“ ‒ war das, was den Weg versperrte, es war verboten, hinter den Vorhang einzutreten. Nachdem wir die Auferstehung empfangen und ein Teil seines Leibes geworden sind, durchdringen wir den Vorhang in seinem Fleisch.

(Hebr. 10,21-23)

und einen großen Priester über das Haus Gottes, so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in voller Gewissheit des Glaubens, die Herzen besprengt und damit gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser. Lasst uns das Bekenntnis der Hoffnung unwandelbar festhalten – denn treu ist er, der die Verheißung gegeben hat,

Der Autor beginnt, darüber zu sprechen, was für eine große Verantwortung das ist. Damit begann er die ersten Kapitel der Botschaft, doch jetzt, wo er erklärte, was tatsächlich in der Welt passiert ist, wiederholt er noch einmal, wie wichtig es ist, den Weg einzuhalten, den wir bekommen haben, wie wichtig es ist, diesem Weg zu folgen.

Denn treu ist er, der die Verheißung gegeben hat“ ‒ wir haben bei der Analyse des Römerbriefes viel über Gottes Treue gesprochen. Wir glauben, dass Gott, der uns die Verheißung gegeben hat, uns zum himmlischen Fest führen wird, uns zur Gerechtigkeit führen wird. Er wird diese Arbeit tun, auch wenn wir auf uns selbst schauen in völliger Verzweiflung und sind irritiert, wenn wir an uns selbst zweifeln. Jeden Morgen, wenn ein Jude aufwacht, sind die ersten Worte, die er sagt: „Ich danke dem Herrn, der mir meine Seele zurückgegeben hat, groß ist Dein Glaube!“ Gott glaubt an uns, glaubt, dass wir das Material sind, aus dem Er die Gerechten machen wird.

(Hebr. 10,24-25)

und lasst uns aufeinander achthaben, um uns zur Liebe und zu guten Werken anzureizen, indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei einigen Sitte ist, sondern einander ermuntern, und das umso mehr, je mehr ihr den Tag herannahen seht!

Lasst uns aufeinander achten, um Liebe und gute Taten zu fördern. Um Liebe und gute Taten in sich selbst zu entwickeln, muss man aufeinander achten. Man kann natürlich sagen: „Alle Menschen um uns herum sind schlecht, Lügner, ungerecht“, und die Versammlung verlassen oder sogar den Weg verlassen, die Berufung verlassen, zu der wir berufen sind, oder entscheiden, dass Gott nicht in der Lage ist, alle diese Menschen zu sich zu bringen, dass „Gott ist fähig mich zu sich zu führen, aber meinen Nachbar oder meinen Nächsten – nein, denn mein Nächster, er ist so und so und so einer!“. Aber wenn wir wissen, dass Gott in uns wirkt, dann wirkt er auch in unserem Nächsten. Und je mehr wir sehen, wie sich dieser Tag nähert, desto mehr sollten wir uns um unseren Nächsten kümmern.

(Hebr. 10,26-27)

Denn wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, bleibt kein Schlachtopfer für Sünden mehr übrig, sondern ein furchtbares Erwarten des Gerichts und der Eifer eines Feuers, das die Widersacher verzehren wird.

Wenn wir diesem Weg verlassen oder sagen: „Auf jeden Fall werde ich mich mit diesen Leuten auch bei einem himmlischen Festmahl nicht an einen gemeinsamen Tisch setzen“, dann ist es nicht mehr möglich, ein Opfer für die Sünde zu bringen… Wenn wir aus diesem Zug aussteigen, dann bleiben wir am Bahnhof, auf dem „ein furchtbares Erwarten des Gerichts und der Eifer eines Feuers, das die Widersacher verzehren wird“. Wir müssen ständig und unbedingt in diesem „Sterben“ bleiben, denn alles, was übrig bleibt auf der Erde, die vom Regen genährt wurde und Dornen sprießen ließ ‒ das alles wird verbrannt, das könnt ihr in Zephanja 1,18 oder in Jesaja Kapitel 26 nachlesen: „Ja, Feuer gegen Deine Gegner wird sie verzehren“. Warum werden Dornen eigentlich „Feinde“ genannt? Weil sie Ähren ersticken, die nützlich sind. Wenn wir Dornen in uns wachsen lassen, werden wir durch Feuer korrigiert. Dieses Feuer kann uns nicht unbedingt zerstören, es kann uns korrigieren, aber das ist ein schrecklicher Weg zur Korrektur.

(Hebr. 10,28-30)

Hat jemand das Gesetz Mosches verworfen, stirbt er ohne Barmherzigkeit auf zwei oder drei Zeugen hin. Wie viel schlimmere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde, für gemein erachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat? Denn wir kennen den, der gesagt hat: »Mein ist die Rache, ich will vergelten«; und wiederum: »Der Herr wird sein Volk richten.«

Hier kehrt der Verfasser wieder zu dem Gedanken zurück, der im zweiten und dritten Kapitel beschrieben ist. Jeschua hat ein Gleichnis erzählt über einen Mann, der in schmutziger Kleidung zu einem Fest kam ‒ er wurde einfach auf die Straße geworfen, und es gibt ein Gleichnis darüber, wie ein Mensch selbst beschließt, nicht zu einem Fest zu kommen.

(Hebr. 10,31)

Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!

Es ist beängstigend, vor Gericht zu gehen. Gott wird die Menschen mit Gericht, Strafen und Feuer erziehen, und das ist wirklich beängstigend. Der Autor weiß, dass diejenigen, die es lesen oder hören, nicht im 21. Jahrhundert leben wie wir, sondern sie leben im 1. Jahrhundert und die jüdische Gemeinde erlebte damals viel Leid und viel Verfolgung. Es sind diese Verfolgungen, Leiden, Prüfungen, plus persönliche Probleme, die einen Menschen veranlassen, den Weg zu verlassen, vom Weg abzufallen.

Der Autor ermahnt seine Zuhörer, treu zu sein und den Glauben zu bewahren. Es wird noch viele weitere Parallelen zu diesem Gedanken geben, auch mit dem, was Paulus über den Glauben sagte: dass wir im Leiden den Glauben bewahren müssen.

(Hebr. 10,32-34)

Gedenkt aber der früheren Tage, in denen ihr, nachdem ihr erleuchtet worden wart, viel Leidenskampf erduldet habt, als ihr teils durch Schmähungen und Bedrängnisse zur Schau gestellt und teils Gefährten derer wurdet, denen es so erging! Denn ihr habt sowohl mit den Gefangenen gelitten als auch den Raub eurer Güter mit Freuden aufgenommen, da ihr wisst, dass ihr für euch selbst einen besseren und bleibenden Besitz habt.

Zur Schau gestellt wurdet“ ‒ messianische Gläubige aller Nationalitäten, sowohl Juden als auch Nichtjuden, in Gladiatorenkämpfe geschickt wurden. In Rom war es ein beliebter Zeitvertreib. Die Oper war noch nicht entwickelt, das Drama schon, aber das Volk liebte Gladiatorenkämpfe sehr, liebte es, Gläubige gegen Löwen kämpfen zu sehen. Zur Unterhaltung und zur Belustigung des Publikums wurden allerlei Verspottungen der Gläubigen durchgeführt. Und der Autor sagt: Erinnert euch an diese Menschen, die durch die Prüfungen gingen und bestanden haben. Wenn wir durch Prüfungen gehen, wenn wir verzweifeln, rät uns der Autor, auf die Erfahrungen der Menschen zurückzugreifen, die diese Prüfungen durchgemacht haben.

Der Autor sagt auch den Zuhörern selbst und ermutigt sie: „Ihr habt bereits viele Prüfungen bestanden und wusstet, dass ihr eingeladen werdet. Ihr werdet kommen und mit Abraham zusammenliegen, ihr werdet mit den Gerechten bei dem himmlischen Fest liegen, zu dem ihr berufen seid“. Darüber spricht Autor schon am Anfang des dritten Kapitels.

(Hebr. 10,35-37)

Werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn Ausharren habt ihr nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung davontragt. Denn noch eine ganz kleine Weile, und der Kommende wird kommen und nicht säumen.

Werft nun eure Zuversicht nicht weg“ ‒ Daraus können wir verstehen, dass die Ermahnung, die der Autor ihnen sendet, eher darin besteht, nicht vom himmlischen Ruf abzufallen, die Hoffnung, zum himmlischen Fest zu kommen, nicht aufzugeben. Er ermutigt sie durchzuhalten, nicht abfallen, ihre Versammlungen nicht verlassen, nicht aus diesem Zug aussteigen, obwohl es nicht immer Spaß macht, obwohl es schwierig ist, darin zu fahren, obwohl es schwierig ist, vorwärts zu kommen. Wenn die Annäherung an Gott mit den Opfern von Lämmern und Böcken und Stieren verbunden war, so ist das Kommen vor Gott mit noch größeren Leiden verbunden, mit der Teilnahme am Leiden und Sterben Christi.

Denn noch eine ganz kleine Weile“ ‒ das sind sehr schwierige Worte für uns Gläubige, die sie zweitausend Jahre später lesen. Das ist das Gefühl, das ein Mensch ständig in sich selbst erlebt: Immer, wenn man gläubige Autoren liest, in jeder Generation, haben die Menschen die Zeichen des nahenden Endes der Welt gesehen, haben über das nahende Ende der Welt gesprochen. Dieser Gedanke an sich ist beruhigend und tröstlich, aber darüber hinaus ist unser Aufenthalt in unserem alten Fleisch auch nur vorübergehend. Wir sind für kurze Zeit in dieser Welt, und dann werden wir auch vor Ihm erscheinen.

(Hebr. 10,38)

»Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben«; und: »Wenn er sich zurückzieht, wird meine Seele kein Wohlgefallen an ihm haben.« (Habakuk 2,3-4)

Die jüdische Tradition sagt, dass Habakuk die gesamte Essenz der Tora, alle sechshundertdreizehn Gebote, auf ein Gebot gebracht hat – der Gerechter wird aus Glauben leben. Er ersetzte sie nicht alle durch ein Gebot, sondern er brachte sie auf ein Gebot zusammen, indem er sagte, dass in diesem Gebot ist die Einhaltung aller Gebote Gottes! Der Gerechte lebt aus dem Glauben, der Gerechte behält seine Gerechtigkeit, gerade weil er glaubt. Wenn er nicht an große Belohnungen glaubte, würde er nach irdischen Vorteilen suchen, nach irdischen Bonuspunkten und würde nicht danach streben, dem Allmächtigen zu dienen. Dieser Vers bringt uns zum Buch Kohelet zurück…

(Hebr. 10,39)

Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen zum Verderben, sondern von denen, die glauben zur Gewinnung des Lebens.

Und der Autor beendet seine Ermahnung wieder mit einem Gedanken aus Habakuk 2:5. Er sagt: Wie viel weniger wird der Gewalttätige, der Treulose, der anmaßende Mann zum Ziel kommen, er ist unersättlich und zögert ständig, wir aber sind nicht von denen, wir retten uns durch den Glauben. Wovor retten wir uns in diesem Fall durch den Glauben? ‒ Von allen Versuchungen der Sünde retten wir uns dadurch, dass wir glauben, dass wir zu einem großen himmlischen Fest berufen sind, an dem wir alle teilnehmen werden. Uns erwartet große Vergeltung, also können wir unsere Zeit nicht mit allerlei Kleinigkeiten verschwenden, mit Nichtigkeit der Nichtigkeiten, mit injan ra (bösen Werken, bösen Absichten), von denen Kohelet spricht. Wir können keine Vorteile für uns in dieser Welt suchen.

Die Essenz des zehnten Kapitels (die Essenz aller drei letzten Kapitel, um es zusammenzufassen), besteht darin, dass Gott offenbarte im Rahmen dessen, was Er in vielen Teilen gesprochen hat, zuerst die himmlische Stiftshütte, gab das Gesetz, gab Befehle für die Stiftshütte. Dann, wie gesagt, da Offenbarung in Teilen gegeben wird, gab Er Offenbarung über mehr, Er richtete die Aufmerksamkeit auf den himmlischen Dienst, hat das himmlische Wesen des Priestertums geoffenbart, gab die Offenbarung, dass die Opfer ein Spiegelbild sind, eine Projektion dessen, was wirklich im Himmel geschieht; und dass wir auf unseren besseren Hohepriester schauen müssen, den Mittler des besseren Bundes, der das bessere Opfer gebracht hat. Dieser Hohepriester keinen Stier, keine Ziege oder ein Lamm geopfert hat, sondern sich selbst geopfert hat, er ist mit seinem Blut oder durch sein Blut eingetreten. Sein Blut, als Opfer, ist der Mittler im Bund, sein Blut ist der Mittler unseres neuen Bundes, er selbst wurde der Mittler unseres neuen Bundes, da er ein Opfer war.

Und umso schrecklicher es für uns ist abzufallen von diesem Weg, desto mehr können wir bestraft werden, wenn wir diesen Weg verlassen. Daher ermahnt er, trotz der Tatsache, dass viele Prüfungen kommen, trotz der Tatsache, dass der Autor in einer für die Menschen sehr schwierigen Zeit schreibt, den Glauben an diesen Ruf nicht aufzugeben. Und wie sagt er, es zu tun? ‒ Er sagt, dass man sich zuallererst die Menschen ansehen sollte, die diese Prüfungen bereits bestanden haben dank ihres Glaubens, und rät, sich an unsere eigenen Prüfungen zu erinnern, die wir bestanden haben. Er sagt hier, dass es Menschen gegeben habe, die die Plünderung ihrer Güter erduldet haben, Menschen, die sich der Show hingegeben haben, um die Menge zu unterhalten, zur Belustigung der Menge gequält wurden ‒ sie haben alles ertragen. Der Autor lobt und ermutigt seine Leser, er ermahnt nicht nur, er verbindet ständig Warnung, Ermahnung und Ermutigung, und das ist eine Lehre für viele Pastoren und Prediger, und für uns alle, die lehren: nicht nur ermahnen und tadeln, sondern auch Menschen ermutigen… Der Autor macht Mut und sagt, dass wir im Glauben stehen es durch, wir werden auf jeden Fall durchhalten, und durch unseren Glauben, dass Gott uns berufen hat, dass Gott uns zum himmlischen Fest führen wird, retten wir uns.

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