Götzendienst

Prayer Shawl – Tallit, jewish religious symbol.

Die Weisen Israels sahen in den frühen Christen griechischer Herkunft ihre Gegner. Es gab viele Streitereien zwischen jüdischen Weisen und frühen Christen, aber soweit es bekannt ist, gab es in Israel keine Beschuldigung der frühen Christen im Götzendienst.

Am Ende des 2. Jahrhunderts und im 3-4 Jhd. haben Kirchenväter, die griechische Denker waren, die Grundlagen des christlichen Glaubens ausgearbeitet. Oft hat man dabei Jeschua (Jesus) in ein bereits fertiges Schema der griechischen Theologie hineingepresst.

Jeschua hatte auf der Erde eine menschliche Gestalt, betete Gott, den Vater an, und die Idee, dass jemand ihn selbst als Gott anbeten würde, hätte Jeschua, denke ich, angeekelt. Genauso wie jeden anderen Juden seiner Zeit.

Wir können aber über die Göttlichkeit Jeschuas reden, darüber, dass in Jeschua die Fülle der Gottheit lebte.

Wie im Bereschit (Genesis, dem 1. Buch Mose) geschrieben steht, erschuf Gott den Menschen, damit der Mensch über die Erde herrscht. Das sagte Gott, als er dabei war, den Menschen zu erschaffen. Gott, der himmlische Herrscher, wollte im Menschen seinen irdischen Vertreter sehen. Gott machte den Menschen nach seinem Abbild, damit der Mensch Gott in sich trägt und über die Erde herrscht.

Es wurde gesagt. „Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde“. Das ist der erste Vers im Genesis. Damit fängt alles an. (auf Hebräisch bedeutet „et-ha-Schamaim“ und „et-ha-Arez“ das Himmlische und das Irdische). Unter allen Geschöpfen kann nur der Mensch das Himmlische und das Irdische in sich vereinen. Es gibt Engel. Sie sind nur himmlisch und haben nichts Irdisches in sich. Es gibt Schildkröten, Krokodile und Kühe, die nur irdisch sind und nichts Himmlisches in sich haben. Das einzige Geschöpf, das dazu berufen war, beides als eine Brücke zu verbinden und in eine Einheit zu verwandeln, war der Mensch.

Aber der Mensch hat seine Mission nicht erfüllt und bekam das Urteil: Du bist Staub und wirst zum Staub zurückkehren. Seit dieser Zeit, nachdem Adam von der verbotenen Frucht aß, sind unsere Zähne immer noch stumpf. Wir versuchen es, das Bild von diesem ersten Adam, in dem Gott leben wollte, wiederherzustellen.

Seitdem Maschiach gekommen ist, wird der erste Adam als Gott, der in einem Menschen lebt, wiederhergestellt. Es wird oft etwas zynisch in Prozenten gemessen: Er ist zu 100% Gott und zu 100% Mensch. Aber auf der Erde wandelte der Gottmensch. Und lasst uns es nicht versuchen zu verstehen, was es bedeutet.

Trinitarier sagen gerne, dass Mensch aus Geist, Seele und Leib besteht. In Tanach sehen wir, dass ein Mensch aus der lebendigen Seele, dem Herzen, Nieren usw. besteht. Der Allmächtige wird genannt „der das Herz ergründen und die Nieren prüfen kann“. Das heißt, auch Nieren haben eine geistliche Funktion. Mensch ist kein einfaches Geschöpf, das man in drei Teile aufgliedern könnte. Man kann einen Menschen z.B. in Kopf, Körper und Gliedmaßen unterteilen. Oder in Geist, Seele und Leib. Man kann einen Menschen in drei Teile oder in fünf Teile zerlegen. Genauso kann man auch das Göttliche in drei oder in fünf Teile zerlegen. Man darf kein Aufteilungsschema ablehnen. Und man kann nicht sagen, es sei falsch, solche Schemata aufzustellen. Aber man muss das sehr vorsichtig tun.

Wenn wir sagen, dass Jeschua Gott ist, müssen wir uns sehr gut darüber im Klaren sein, was wir behaupten. Sonst können wir in einen Götzendienst verfallen. In Jeschua lebte Gott und keiner würde das abstreiten. In ihm wohnt die ganze Fülle Gottes leibhaftig. Niemand sagt etwas dagegen. Wenn wir sagen, dass Jeschua Gott ist, können wir es nur in dem Fall tun, wenn wir genau wissen, was wir darunter verstehen. Jeschua war ein Gefäß, in dem Gott lebte auf der Erde.

Wenn wir die Geschichte des Glaubensbekenntnisses nachlesen, wie es gebildet wurde, sehen wir, mit welchen Schwierigkeiten und Ängsten haben die Denker der Kirchengeschichte jedes Wort im Glaubensbekenntnis auf die Waage gelegt, und zwar wegen der Gefahr des Götzendienstes.

Heute hört man, dass Dreieinigkeit aus drei verschiedenen Persönlichkeiten besteht. Eine Persönlichkeit ist jemand mit eigenen Wünschen und Lebensansichten, eigenen Konzepten und Vorsätzen. Aber wenn Gott, der einer ist, aus drei Personen bestehen würde, von denen jede ihre eigenen Wünsche und Lebensansichten hätte, wäre das einer märchenhaften Gestalt von einem dreiköpfigen Drachen sehr ähnlich . Aber es ist nicht Gott, an den ich glaube.

Wenn wir behaupten, dass Gott nur einer ist, setzen wir uns dem Polytheismus entgegen, wo es einen Gott der Ernte, eine Göttin der Jagd, einen Gott der Liebe und einen Gott des gedörrten Fisches, wie im traditionellen Glauben der Eskimo, gibt. Diese Götter können miteinander Krieg führen. Es ist doch klar, dass der Gott des gedörrten Fisches den Gott der Seelöwenjagd nicht mag. Sie können miteinander streiten, jeder von ihnen verfolgt seine eigenen politischen Interessen, sie intrigieren gegeneinander, wie wir es auch z.B. in der griechischen Mythologie sehen können. Jeder Gott hat seine eigenen Absichten und diese Götter sind im Grunde wie Menschen.

Der Kernpunkt dessen, was wir meinen, wenn wir behaupten, dass Gott nur einer ist, ist die Tatsache, dass Gott nur eine Absicht hat und in sich nicht geteilt ist. Wir können dabei Gott in Vater, Sohn und Heiligen Geist aufteilen oder wie es Juden machen, Gott in einen gnädigen König und einen gerechten Richter zerlegen. Wir wissen, dass es in der Schrift viele Namen Gottes gibt und jedem Namen werden verschiedene Eigenschaften zugeschrieben. Was Gott zu einem macht, ist die Tatsache, dass er einen einzigen Vorsatz, einen einzigen Plan der Errettung hat.

Folgendes Bild gibt es deswegen nicht: Der Sohn hat eine Meinung, während der Vater eine andere vertritt. Es kommt zu einem Streit und dann gehen die beiden zum Heiligen Geist, damit er ihnen einen Ratschlag gibt, denn er ist ja heilig . Das geht so nicht. Und wenn wir solche Schemata zulassen, öffnen wir uns der griechischen Philosophie.

Das passiert, wenn wir sagen, dass irgendwo im Himmel ein gerechter, aber doch grausamer und ungnädiger alttestamentlicher Gott der Vater sitzt, der ein liberales Söhnchen hat, das barmherzig zu Menschen ist und den Vater bequatscht: Papa, sei doch nicht so altmodisch. Das darf und das darf man auch. Für alle, die an mich glauben, werde ich den Papa überreden.

Ich treffe einen Menschen und frage ihn: Warum verstößt du gegen das Gesetz? Er antwortet: Weil ich einen guten Rechtsanwalt in Himmel habe. Aber es ist Vielgötterei. Vielgötterei in ihrer primitivsten griechischen Form. Ein Mensch, der sagt, er würde für Jesus dies und jenes tun, wenn Jesus den Vater überreden würde, so und so zu tun, unterscheidet sich in keiner Weise von einem Eskimo, der mit dem Fett die Lippen seines Idols beschmiert. Es ist Götzendienst.

Bereits die Frage nach der menschlichen Anatomie ist sehr kompliziert. Wissenschaftler beschäftigen sich schon sehr lange damit, wissen aber vieles immer noch nicht. Es ist schwer, sich die Anatomie des Menschen vorzustellen, wenn man den Tanach studiert. Man trifft auf sehr viele spannende und unklare Dinge und je mehr man liest, desto mehr Fragen und weniger Antworten man hat. Wie mutig muss man denn sein, um Gott einfach so in anatomische Teile zu zerlegen. Ja, die Kirche und die Theologie haben so eine Erfahrung gemacht. Aber man muss verstehen, wie gefährlich es ist, dass wir falsche Zeugen von Gott werden können.

Was können wir denn tun? Wir erinnern uns, dass Gespräche von der Dreieinigkeit, von der Göttlichkeit eines Teiles Gottes (wie schlimm es sich überhaupt anhört!) im Neuen

Testament nicht geführt werden. Wenn es wichtig wäre, dann könnte bereits am Anfang der Bibel stehen „Am Anfang schuf der dreieinige Gott den Himmel und die Erde“. Aber es steht in der Bibel nicht so. Entweder dachte der Autor, dass Leser das schon selber erraten werden, oder er maß dem keine Bedeutung bei. Torah und das Neue Testament haben es als Ziel zu beschreiben, wie wir leben und was in uns passiert. Das Neue Testament ist nicht dazu da, um uns das Wissen über den dreieinigen Gott zu vermitteln, sondern um uns die Möglichkeit zu geben, uns selber zu verändern und durch den veränderten inneren Menschen Gott zu erkennen. Das ist das Wichtigste.

Es gibt eine trinitarische Doktrin und keiner will sie abstreiten. Es geht nur darum, dass bevor man sie deklariert, muss man Zeit investieren, um sie richtig zu verstehen und eine gewisse geistliche Reife zu erlangen.

Wenn wir es beginnen, mit Menschen über die Dreieinigkeit zu reden, um uns nach diesem Prinzip zu trennen, dann ist der dreieinige Gott für uns bloß ein Merkmal, ob einer zu uns gehört oder nicht. Da kommt ein unbekannter Mensch, von dem keiner weiß, wie er lebt und was er glaubt, aber man kann ihn einfach fragen: Sag mal, glaubst du an die Dreieinigkeit? Wenn ja – dann gehört er dazu und dann spielt es keine Rolle mehr, wie er lebt und woran er glaubt. Welche Rolle spielt es, wie ein Mensch lebt, wenn er an die Dreieinigkeit glaubt ? Genauso, wenn jemand an die Dreieinigkeit nicht glaubt, welche Rolle spielt es noch, wie er lebt ? Egal, wieviel Mühe er sich gibt, hat er keine Chancen mehr, denn er glaubt ja nicht an die Dreieinigkeit.

Wenn ein paar Leute, die an die Dreieinigkeit glauben, zusammenkämen, und jeder auf einem Zettel beschreiben würde, wie er die Dreieinigkeit versteht, dann sähe jeder von ihnen, dass alle um ihn herum Ketzer sind, und nur er richtig sei. Denn keine zwei Leute würden die Dreieinigkeit gleich beschreiben.

Weil es nun mal so ist und im Neuen Testament keine systematische Theologie abgebildet wurde, lasst uns die Theologie beiseitelegen und uns darauf fokussieren, wie wir hier und jetzt leben. Sonst wird der Glaube, der zu einem Idol gemacht wurde, uns zu Götzendienern machen und uns vom wahren Glauben wegführen. Anders kann es nicht sein.

Danke fürs Zuhören!