Waera – Schemott 6,2-9,35

Schalom liebe Freunde vom Radio El-Chai mit Alexander Blend.

Heute geht es um den Wochenabschnitt „Waera“.

Vielen, die unseren Wochenabschnitt heute lesen, kommt es so vor, als ob der Allmächtige dem Pharao gegenüber ziemlich unfair handelt, obwohl dieser tatsächlich ein schrecklicher Bösewicht ist. Der Allmächtige nimmt ihm die Willensfreiheit. Darf mann denn nun etwas vom Pharao erwarten, wenn ihm die Freiheit zur eigenständigen Entscheidung genommen wird?

Im dritten Vers des siebten Kapitels sendet der Allmächtige Mosche zum Pharao, um diesen zu warnen: „u ani aksche et lev phrao“ – „aber ich will das Herz des Pharao verhärten“.

Das Wort „kasche“ beutet „hart“. Ein hart gekochtes Ei heißt z.B. in Ivrit „beiza kascha“. Dieses Wort bedeutet aber auch „schwer“ oder „anstrengend“. „Schwer“ nicht im Sinne vom Gewicht, sondern im Sinne einer Schwierigkeit. Es ist schwierig, Chinesisch zu lernen oder Ivrit. Es ist schwierig sich zu zwingen, um Vergebung zu bitten. Es ist schwierig, Morgens aufzustehen usw. Es gibt da noch viele andere Dinge, die für uns schwierig sind.

Der Allmächtige veranlasste es also, dass es dem Pharao schwierig wurde, richtig zu denken. Es wird ihm schwer fallen, nicht nur eine richtige Entscheidung zu treffen, sondern allgemein wird es ihm schwierig sein, jegliche Entscheidung richtig zu treffen. Das ist also nun die Situation, in die der Pharao gestellt wurde.

Natürlich gibt es hierzu eine Vorgeschichte. Viele Sünden des Pharaos und das, was ihm widerfahren ist, hatten ohne Zweifel einen Einfluss auf sein Herz. Wenn wir unseren Abschnitt weiter lesen würden, würden wir an an keiner anderen Stelle lesen, dass der Allmächtige das Herz des Pharaos verhärtete. Dieses Verb „verhärten“ taucht nicht mehr auf.

Im dreizehnten Vers des siebten Kapitels lesen wir: „we echasak lev phrao“. „Und das Herz des Pharao verhärtete sich“. Das bedeutet, dass das Herz des Pharao sich anstrengte, sich mit aller Kraft bemühte, die Entscheidungsschwierigkeit zu überwinden. Aus diesem Grund sagt der allmächtige zu Mosche im vierzehnten Vers: „kawed lev phrao“ – „das Herz des Pharao ist schwer“. Das Wort „kawed“- „Schwer“ hat hier tatsächlich die Bedeutung im Sinne vom Gewicht.

Jemandem, der so wie Mosche in Ägypten aufgewachsen war, war diese Aussage verständlich und gebräuchlich. Die Ägypter glaubten, dass der Mensch nach einem Leben voller Abenteuer, im Jenseits in ein Gerichtssaal kommt. Dort begegnet ihm der schreckliche Gott Anubis mit einer Waage. Auf einer Waagschale dieser Waage liegt eine Feder, in die andere Waagschale legt Anubis das Herz des Menschen. Wenn der Mensch sündig ist, wenn er falsch gelebt hat, wiegt sein Herz schwer auf der Waage, aus diesem Grund kommt er an einen Ort, der nicht unbedingt komfortabel und spaßig ist. Wenn aber das Herz leichter ist als die Feder, so ist es dem Menschen möglich, in die paradiesischen Wohnstätte zu fliegen. Natürlich spricht die Thora nicht im Sinne der heidnischen Gebräuche, sondern gebraucht diese um etwas zu erklären, so dass der Mensch, der zu der Zeit in Ägypten lebte, es versteht.

So stand diese Aussage „schweres, verhärtetes Herz“ für einen Menschen, dessen Herz durch die Sünde verhärtet war. Dann lesen wir weiter im Verlauf der Geschichte des Pharao, quasi seiner „Herzkrankheit“, seiner „Kardiologie“, dass der Allmächtige ihn immer wieder herausfordern wird, sich noch mehr anzustrengen. Er fordert ihn auf, sich weiter zu bewegen, weiter zu versuchen, sein Herz in Bewegung zu bringen. Aber das Herz des Pharao bleibt schwer und verstockt. Und das ist das Problem in dieser ganzen Geschichte: es ist ein verzweifelter Versuch des Pharao, mit eigenen Kräften sein eigenes Herz zu bewegen und es anzustoßen.

Hatte der Pharao die Willensfreiheit, oder nicht? Darüber erzählt man sich eine Geschichte, ein Gleichnis: ein kleiner Junge spielte in der Nähe seines Vaters mit Steinen. Vergeblich versuchte er, einen schweren Stein anzuheben. Er strengte sich mit aller Kraft an, aber der Stein bewegte sich nicht von der Stelle. Der Vater sah dem Ganzen zu und erwiderte: „Du schaffst es nicht, den Stein hoch zu heben, weil du es nicht mit deiner ganzen Kraft versuchst!“. – „Wie kann es denn sein? Ich versuche es doch mit meiner ganzen Kraft! Du siehst doch, wie sehr ich mich anstrenge!“. Der Vater entgegnete: „Du hast mich nicht nicht um Hilfe gebeten! Ich bin bei dir, ich bin ein Teil deiner Kraft!“.

Der Pharao besaß ursprünglich eine Willensentscheidung. Er hätte sich an den Allmächtigen wenden können und alles wäre an die richtige Stelle gekommen. Aber er tat es nicht!

Wenn wir heute unser Leben anschauen, wir, die wir wahrscheinlich nicht so sündig sind wie der Pharao, wir Gläubige, die dem Allmächtigen nah sind, treffen Entscheidungen, wo wir selber etwas bewegen und etwas anstoßen wollen. Wir haben Angst, den Allmächtigen zu bitten und landen deshalb in der gleichen Situation. Nicht der Allmächtige begrenzte hier die Willensfreiheit des Pharao, sondern der Pharao selbst, aufgrund seines sündigen und schwierigen Lebensweges.

Wir aber, solange wir leben, können den Allmächtigen um Hilfe bitten. Leider zeigen wir jedoch viel zu oft unsere Sturheit und versuchen selbstständig etwas zu entscheiden.

Soweit die Gedanken zum heutigen Wochenabschnitt.

Der Heilige und Gesegnete segne jeden, der Sein Wort studiert!

Vom Radiosender El-Chai sprach zu euch Alexander Blend. Danke fürs Zuhören!

Übersetzt von Lilia

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