Nasso – „Erhebe“(4:21-7:89)

Heute werden wir das Wochenkapitel „Naso“ studieren. Es gehört zum Buch „Bemidbar“ (4. Mose, 4:21 – 7:89).

Wenn wir das ganze Kapitel anschauen und versuchen, es logisch zu verstehen, werden wir uns wundern, dass ganz verschiedene Dinge und Themen in diesem Kapitel vorkommen. Hier wird die „Mishkan“ (Zelt der Begegnung) geheiligt, feierliche Opfer dargebracht und die „Kohenen“ (Priester) gesegnet. Des Weiteren wird über das jüdische Mönchtum (Nasir), eine besondere Art des jüdischen „Sich-dem-Herren-widmen“, berichtet und hier gibt es die Geschichte über „Sukkot“, das s.g. „bittere Wasser“, sowie die Geschichte darüber, wie die „Unreinen“ das Lager verlassen. Auch findet sich hier die Volkszählung und viele andere Dinge – sowie ein schwer zuzubereitendes Gericht, was in einem Topf gekocht wird:

Wenn ein Mensch gefragt wird, ob er jemals Reis mit Weintrauben oder Fleisch mit Weintrauben gegessen hat, sagt er wahrscheinlich „Nein“. Aber, wenn man nachdenkt, kommt es öfters vor, dass man z.B. in Pilav (mittelasiatisches Gericht aus Reis und Fleisch) ein paar Rosinen reintut – eben diese Weintrauben. Also ist es so, dass manche Lebensmittel in Gerichten auf eine komische Art und Weise zusammenpassen.

Auch unser Wochenkapitel ist wie eine geistliche Mahlzeit – eine komplizierte Zusammensetzung von verschiedenen Komponenten. Und den tatsächlichen Sinn dieser Mahlzeit werden wir heute versuchen zu verstehen und auszulegen. Probieren wir nun, dies alles in Einzelteile aufzugliedern.

Beginnen wir damit, dass diejenigen Menschen, die nicht fähig sind, einen bestimmten Dienst zu vollbringen oder nicht fähig sind für den Dienst innerhalb eines Lagers oder einer Sippe, aus dem Lager ausgesiedelt werden. Wenn ein Mensch im Zustand der Unreinheit ist, wird das im Hebräischen „tame“ genannt. Ich betone erneut, dass das deutsche Wort für „tame“ „Unreinheit“ oder auch „Fehlen der Reinheit“ bedeutet. Das „Fehlen von etwas“ ist hier aber nicht die richtige Übersetzung aus dem Hebräischen, denn tatsächlich enthält das Wort „tame“ keine Verneinung.

Tame“ (Unreinheit) bzw. „tuma“ (Unreinheit) bedeutet nicht das Fehlen von etwas sondern der Besitz von etwas. Deswegen wäre es besser, es mit „entweiht“ zu übersetzten. Folglich wird ein entweihter bzw. verunreinigter Mensch ausgesetzt.

Wer ist dieser „entweihte Mensch“ – warum befindet er sich in diesem Zustand? Dieser Mensch, ist einer, der an irgendeinem Ausfluss leidet, an Lepra erkrank ist oder einen Toten berührt hat etc. Er befindet sich in einem Zustand, der nicht zu verstecken ist. Das zwingt ihn dazu sich mit ihm selbst zu beschäftigen – es gilt eine gewisse innerliche Arbeit zu leisten.

Wenn wir an irgendeiner Krankheit oder einem Trübnis leiden, irgendein anderes Leid ertragen, wollen wir in der Gesellschaft untertauchen und uns ablenken, irgendwohin gehen, mit irgendjemandem in Kontakt treten, uns vergessen, uns mit Freunden treffen – und in einigen Fällen ist das eine gute, heilende, gesundheitsbringende Möglichkeit. Aber wenn Unreinheit auf einem ist, darf man nicht in eine Menschenmenge fliehen.

Die Sündhaftigkeit erlaubt es uns nicht, unter Menschen zu kommen und uns unter den Menschen zu verstecken – genauer gesagt: Die Thora erlaubt es der Sünde nicht, sich in der Menschenmenge zu verstecken und deswegen muss ein von Sünde befallener Mensch aus dem Lager der Israeliten austreten.

Im Neuen Testament sehen wir viele Fälle, in denen Jeshua durch Seine Gnade Lepra-Kranke heilt. Es ist sonderbar, Menschen außerhalb des Lagers zu heilen. Diese Menschen sollten eigentlich, wie schon erwähnt, selbst mit ihrem Problem fertig werden. Genau deswegen hat Jeshua, wenn wir uns daran erinnern, als er mit Seiner Bergpredigt begann, folgende erstaunliche Phrase gesagt: „Glaubt nicht, dass ich gekommen bin, das Gesetz zu brechen“ (Mt 5:17).

Stellt euch Israel im 1. Jahrhundert zu der Zeit Jeshuas vor: Es läuft ein Lehrer umher, welcher lehrt und heilt, wodurch sich um Ihn eine große Menschenmenge versammelt hatte – 5000 Menschen. Das sind Menschen, die sich versammelt haben, um dem Lehrer zuzuhören. Wer von ihnen kommt auf die Idee, dass dieser Mensch gekommen ist, um das Gesetz zu brechen?

Er ist ein Lehrer der Thora, natürlich ist er gekommen, um die Thora zu lehren.

Woher kommt also der Gedanke, dass Er gekommen sei, um den Leuten zu erzählen, wie man Spiegeleier mit Speck zubereitet oder wie man einen Kalian am Shabbat anzündet?

Es ist klar, dass dieser Gedanke nicht existierte. Doch allein die Möglichkeit Lepra-Kranke zu heilen, sich auf dieses Niveau zu begeben und sie von dieser misslichen Lage zu erheben. Das war ein ungewöhnlicher Verstoß gegen den natürlichen Gang des Gesetzes – besser gesagt gegen den natürlichen Verlauf der Dinge im Leben.

Wenn der Sündiger an sich selbst arbeitet und ihn Jeshua in diesem Fall verändert, war es keine Gesetzesübertretung, sondern die Erfüllung des Gesetzes.

Genau wie der Auszug aus Ägypten war dies keine Übertretung des natürlichen Ganges der Dinge. Ja, die Sklaverei wurde vom Allmächtigen vorhergesehen, aber auch den Auszug hat Er vorher geplant. Genauso wurde aus dem Zustand der Unreinheit ein Ausweg vorhergesehen, damit alle Gefangenen der Unreinheit bzw. der Entweihung befreit werden. Somit ist auch die Reinigung der Lepra-Kranken ein Prototyp dieser Befreiung von den Gefangenen der Sünde/Unreinheit, als Jeshua einen Lepra-Kranken berührte und ihn geheilt hat.

Es gibt eine Midrash, die darüber berichtet, warum der Allmächtige „persönlich“ nach Ägypten herabgestiegen ist und das Jüdische Volk befreite. Die Midrash sagt aus, dass der Allmächtige wusste, dass wenn ein Engel auf diese ägyptische Unreinheit herabgekommen wäre, dieser einen Schaden davongetragen hätte – so stark war dort diese Unreinheit. So war es nur dem Allmächtigen selbst möglich gewesen, Sein Volk aus Ägypten herauszuführen. Man bräuchte eine riesige göttliche Offenbarung, um in die Unreinheit zu tauchen und sich gleichzeitig nicht selbst zu verunreinigen bzw. unbefleckt zu bleiben. Und deswegen ist es eine besondere Offenbarung der Gnade Gottes und die vollkommene Erfüllung des Gesetzes, dass diejenigen, die vom Lager ferngehalten wurden, jetzt wieder zurückdürfen.

Mir werden öfters verschiedene Fragen gestellt, die mit Unreinheit zu tun haben. Ein Beispiel wäre: Darf eine Frau, die gerade „unrein“ ist bzw. ihre Menstruation hat, das Passah oder Seudat Adon – „Das Mahl des Herrn“ – annehmen? Wie ist dies zu behandeln?

Ich will sagen, dass aus der Sicht des Judentums jeder Mensch heute unrein ist.

Warum unrein? – Weil es die Unreinheit des Toten gibt. Wir alle haben jemanden berührt, der wiederum einen Toten berührt hat usw. Diese Unreinheit hat alle überfallen. Damit wir frei davon werden brauchen wir die Asche der roten Kuh (Bemidbar 19), aber da es die Kuh (noch) nicht gibt, kann sich keiner wieder rein machen. Alle sind unrein.

In der heutigen Situation darf praktisch keiner am Sederabend das Pessah anfassen. Die Reinigung, die wir heute haben – das ist die Reinigung in Jeshua, dem Messias. Nur durch Ihn haben wir die Möglichkeit den „Korban“ (Opfergabe) bzw. das Pessah zu essen. Es gibt Menschen, die schlachten den Korban, weil sie meinen, dass es nicht unbedingt nötig ist diesen Korban in Reinheit zu essen. Aber es soll im Gedächtnis bleiben, dass die Reinheit heute unerreichbar ist, weil die rote Kuh fehlt. Trotzdem sind wir gesegnet, da wir einen Hohepriester haben, welcher hinter dem Vorhang des Allerheiligsten steht und deswegen können wir uns durch Ihn immer wieder reinigen und zurück ins Lager gehen.

Allerdings: Das ändert nicht die Situation bzw. das Gebot der Thora, das besagt, dass jeder einzelne Mensch eine gewisse geistliche Arbeit im Alleinsein verrichten muss. Diese Einsamkeit soll eine Einsamkeit in der Gegenwart des Allerhöchsten sein – mit dem Hohepriester. Trotzdem muss ein Mensch das alles allein durchmachen.

Ja, wir haben eine wunderbare Reinigung! Jeshua hat Lepra-Kranke geheilt. Aber die geistliche Arbeit an sich selbst, den Glauben, hat niemand aufgehoben.

Das nächste Thema, worüber wir sprechen wollen: Es war einmal ein Mann, der mit seinem Weib gelebt hat – Ehemann und Ehefrau – ein klassisches Szenario für alle Zeiten und alle Völker. „Die Liebe ist böse“ und in der Ehe sehen wir verschiedene Situationen. So kommt es dazu, dass der Geist der Eifersucht den Mann überkommt. Wenn man von Natur aus nicht eifersüchtig ist, ist es schwer vorstellbar, wie stark dies einen überfallen kann – dieser Geist der Eifersucht – und wie stark das Misstrauen auf die eigene Frau wächst.

Das Gefühl der Eifersucht – diese Eigenschaft – muss jedoch nicht unbedingt schlecht sein. Im obigen Fall ist diese Eigenschaft schlecht, aber es gibt auch Eifersucht in Bezug auf Gott. Eifersucht, die gewissen Ehrgeiz in einem hervorruft, sodass man zum Besseren streben will. Eifersucht kann wie gesagt verschieden sein.

Es gibt immer noch die seltenen Fälle, in denen Eifersucht positiv angewendet wird. Als man zu Mosche kam und er sagte: „Seid ihr eifersüchtig auf mich? – Ich will, dass alle prophezeien.“

Die Brüder von Joseph haben ihn nicht nur gehasst, sondern waren auch eifersüchtig und neidisch auf ihn. Wir haben viele Beispiele, in denen Eifersucht verurteilt wird. Aber in Jesaja 9:6 ist von der Eifer nach Gott oder nach den Kenntnissen der Thora die Rede. Noch mehr ist „die Verhärtung in Israel“, nach Paulus Worten, auch dafür gedacht, um den Eifer im Menschen hervorzurufen. Dies ist der Wunsch danach zurückzukehren, um wieder einen wichtigen Platz im Leben eines anderen Menschen oder einen Platz in Gottes Plänen einzunehmen.

Eifersucht ist somit Neid auf einen Platz bzw. der Wunsch, einen bestimmten Platz einzunehmen oder erneut einzunehmen.

Stellen wir uns folgendes vor: In der Familie ist alles schiefgelaufen, die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Mann und Frau ist nicht mehr dieselbe. Dabei wird der Ehemann eifersüchtig auf seine Frau (er hat bspw. den Verdacht, dass sie ihm fremdgeht etc.). So schlägt er ihr vor, dass sie zum Priester geht und eine Zeremonie durchführen lässt, die sich „bitteres Wasser“ oder „(Mej) Sota“ nennt. Das Wort Sota bedeutet „Abgekommen vom richtigen Weg“.  Die Frau hat zwei Möglichkeiten in dieser Situation. Die erste: Sie kann sagen: „Ich gehe nicht! Ich gehe nicht nach Jerusalem, ich gehe nicht zum Priester! Lass mich ziehen, wenn du eifersüchtig bist!“

In diesem Fall sollte der Mann sie tatsächlich gehen lassen. So ist sie ein ehrlicher bzw. reiner Mensch geblieben und wird nicht schuldig gesprochen. Wichtig ist jedoch, dass sie weder ihren Mann noch den Mann, der verdächtig wurde, mit ihr fremdgegangen zu sein, erneut heiraten durfte.

An dieser Stelle sollten wir am besten einen kleinen, wahrscheinlich wichtigen Exkurs machen.

Erinnern wir uns an die Worte Jeshuas „Wer eine Geschiedene heiratet, der geht fremd“ (Mt 19:9). In Bezug auf die Scheidung im Kontext des Judentums bzw. der damaligen Anschauung war es nämlich wie folgt: Wenn eine Frau mit jemandem fremdgegangen ist, dann darf dieser Mann, selbst wenn sie sich scheiden lässt, sie nicht heiraten. Das wäre wieder Fremdgehen. Auch dann, wenn er sagt: „Meine Liebe, ich liebe dich, aber du bist mir verboten, weil du verheiratet bist. Lass dich scheiden und dann heiratest du mich.“ – selbst in diesem Fall geht man wieder fremd.

Wenn Menschen nicht geplant haben zu heiraten, während die Frau bereits verheiratet ist, oder wenn die Frau verheiratet war und sie den Mann erst nach ihrer Scheidung kennengelernt hat und auch bei allen anderen Umständen – dann ist das nicht wirklich das, was im jüdischen Text gemeint ist. Es ist klar, dass sich in der christlichen Kultur ein bestimmtes Gesetz bzw. eine bestimmte Meinung dazu entwickelt hat, welches man nicht sofort ablehnen sollte. Jedoch hat selbst Jeshua gesagt: „Am Anfang war es nicht so“ (Mt 19:8).

Wiederholen wir nun das, worüber wir vorher gesprochen haben bzw. die erste Möglichkeit: Die Frau kann darauf verzichten und sagen: “Ich werde dieses Wasser nicht trinken, ich will da nicht hin. Lass mich sogar ohne Geld ziehen, ich gehe weg von dir. Ich habe genug von dir und deiner Eifersucht.“ Vielleicht sagt sie dies auch in einem unhöflicheren Ton, aber das ist nicht so wichtig. In diesem Fall geht sie und keiner verdächtigt sie, dass sie fremdgeht.

Wir können uns aber auch eine andere Situation vorstellen, die zweite Möglichkeit, in der sie doch zum Priester nach Jerusalem gegangen ist. Und hier müssen wir uns an die „Mischna“ erinnern. Die Mischna ist ein jüdisches, gesetzgebendes Traktat bzw. Gesetzbuch, welches vom Anfang bis Ende des zweiten Jahrhunderts geschrieben wurde.

Und trotzdem enthält es sehr viele nützliche Informationen über Traditionen dieser Zeit. Dieses Traktat erzählt uns, was mit den Frauen zu dieser Zeit während der „Sota“ passiert. Die Frauen wurden zum Prieser geführt, wobei dieser den Frauen ihr Haar entflochten hat, damit die Haare frei lagen. Danach – und hier gibt es eine starke Ergänzung zu dem, was die Thora sagt – hat der Priester sie fest an ihrer Brust gepackt und an den Kleidern gezogen. Wenn ihre Kleider so gerissen sind, dass die Brüste entblößt wurden, hatte man der Frau auf einer bestimmten Art und Weise ein Seil um die Brust gewickelt. So hat man die Frau dann an das Tor des Nikanor gestellt – so beschreibt es die Mischna. Wenn sie Schmuck hatte, wurde ihr dieser abgenommen. Auch wenn sie teure Bekleidung hatte, wurde sie umgezogen und in einfachere Kleider gesteckt. So war sie also halbnackt, in Rumpelkleidern und mit halbbedeckter oder komplett entblößter Brust. So stand sie am Tor des Nikanor und es ist geschrieben: „Jeder, der vorbeikam, konnte sie sehen und alle Frauen konnten sie sehen außer ihren Sklaven und Sklavinnen“, weil es so war, dass sich eine Frau vor ihren Sklaven nicht zu schämen hat bzw. nicht vor ihnen gedemütigt werden darf.

Wozu wurde das alles gemacht? Damit anderen Frauen – wie Jeremia sagt – die betroffene Frau sehen und Angst bekommen.

Wir befinden uns also in einer nicht so einfachen Situation. Darauf folgte, dass die Frau Wasser getrunken hat. Während des Trinkens – so erzählt die Mischna bzw. die jüdischen Quellen – konnten schon gewisse Veränderungen in ihr Vorgehen.

Sprich, sie starb nicht sofort. Das Wasser wirkte nicht so wie Kaliumcyanid, so wie eigentlich schnelle Gifte wirken. Sie konnte langsam sterben, die Todesanzeichen kamen langsam. Die Mischna beschreibt es ausführlich, wir werden es hier aber nicht weiter besprechen.

Also trinkt sie dieses Wasser leer und wenn sie gesündigt hat, starb sie und nach der Mischna starb auch ihr Geliebter mit großem Leid.

Und wenn sie rein war, dann hat Gott ihr Leib gesegnet und sie gebar einen Sohn. Fügen wir noch in Klammern hinzu, dass diese ganze Prozedur nur in dem Fall wirkte, wenn der Ehemann selbst in keiner Art und Weise schuldig war. Sprich, dass dieser selbst die Reinheit des Familienlebens gewahrt hatte. Wenn das nicht der Fall war, konnte er auch Schaden nehmen.

Stellen wir uns einen guten Ausgang in dieser Situation vor: Es lebte eine Frau – ich weiß nicht ob sie ihren Mann einen Anlass gegeben hat, sie zum Fremdgehen zu verdächtigen oder nicht. Aber der Mann wurde sehr eifersüchtig, hat sie nach Jerusalem gebracht, man hat sie halbnackt zur Schau an einem der zentralen Tore Jerusalems gestellt, alle haben sie angeschaut, manche sogar angeglotzt. Dann hat sich aber herausgestellt, dass alles umsonst war, dass sie unschuldig war. Sogar Gott Selbst bezeugte es, dass sie unschuldig ist. Wie fühlt sich ihr Mann in der Situation?

Wie kann dieser nun das alles wieder ausbügeln und wiedergutmachen? Wie wird sich jetzt ihr Familienverhältnis untereinander ändern?

Nicht schwer ist es, sich eine Frau vorzustellen, die nach allem was passiert ist, einverstanden ist, mit ihrem Mann zu bleiben. Auch ist es schwer, sich vorzustellen, wie viel der Ehemann nun machen soll, wie viel nun nötig ist, die Situation wieder auszubügeln, den Frieden wieder herzustellen und seine Frau zufrieden zu stellen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese ganze Prozedur genau deswegen so ablief, damit ein Mensch diesen Schritt so gut wie nie wagt, sprich, damit es nicht so attraktiv wäre, seine Frau bei jedem x-beliebigem Anlass nach Jerusalem zum Priester zu führen. Dieser Dienst, aus der Sicht der rituellen Dienstleistung, war nämlich auch kostenlos. Aber aus der Sicht der eignen Lebenskraft, was viele Nerven der Frau und auch die des Mannes kosten kann, ist das natürlich kein einfaches Thema.

Weiter setzt die Thora das Gespräch fort und spricht über einen Menschen, der dem Allerhöchsten ein bestimmtes Gelübde gibt – das ist das Gelübde des Nazaräers. Das Wort „nazir“ stammt von dem Wort „neser-winuk“ und das Wort „nazir“ bedeutet „gekrönt“, also wenn der Mensch entschieden hat sich selbst zu krönen. Man könnte einen Vergleich aus einem Märchen ziehen: Er hat einen Kreis um sich gemalt und sagte: Ich werde nicht außerhalb dieses Kreises gehen. So kann man auch sagen: Ich will keinen Kontakt haben mit den Dingen, die mich zum Irdischen runterziehen bzw. verleiten. Hier gibt es zwei Varianten: Die erste wäre, dass ein Mensch ahnt, dass er geistlich fallen kann. Um eine Versuchung zu verhindern, will er sich in bestimmten Sachen begrenzen. Der zweite Fall wäre, dass der Mensch spürt, dass er sich auf seinem geistlichen Niveau realisiert/verwirklicht hat und deswegen höher aufsteigen will.

Obwohl das hebräische Wort „Nasir“ im Christentum als „Mönch“ verstanden wird, bezieht es sich nicht auf die Begrenzung der intimen Nähe. Im Judentum wird die Ablösung der Ehefrau eindeutig schlecht beleumundet und es gibt auch Verpflichtungen, die der Mann gegenüber der Frau einhalten muss.

Worauf verzichtet der jüdische Mönch? Er darf keinen Toten berühren, d.h. nichts was ihn unrein machen kann. Er schneidet sich nicht die Haare und trinkt keine Getränke, die ihn betrunken machen können. Er beschäftigt sich nicht mit alltäglicher Arbeit, sprich, er beschäftigt sich nicht mit irdischen Dingen. Man kann das beispielsweise als Berührung von Toten verstehen. Er beschäftigt sich auch nicht mit sich selbst, indem Sinne, dass er sich nicht auf seine Äußerlichkeiten konzentriert. Es ist natürlich klar, dass er sich waschen darf und muss, genauso wie er auf sich Acht geben soll.

Das Ganze ist wieder symbolisch gemeint, dass er sich nicht auf irdisches und nicht auf sich selbst konzentrieren soll. Er darf kein Alkohol und keine Drogen zu sich nehmen, damit er mit eigenem Verstand handelt.  Er muss sich Ganz dem Allmächtigen widmen, eine Balance wahren und eine Wechselbeziehung zwischen dem Leiblichen und dem Geistlichen halten können.

Man hat dieses Gelübde sehr ernst genommen. Man konnte dieses Gelübde vor dem Gericht zurücknehmen, wenn ein Mensch spontan entschieden hat, es doch nicht auf sich zu nehmen. Deswegen haben die Weisen stark davon abgeraten, solche Gelübde auf sich zu nehmen. Überhaupt sollte man bei jedem geistlichen „auf-sich-verzichten“ und jedem Heldenmut verstehen, auf welchem geistlichen Niveau man sich befindet, um weiterzukommen. Denn manchmal kommt dieser Wunsch nicht von oben, sondern von der eigener Selbstinitiative. Es kommen Wünsche von der inneren Unreinheit. So ist es ein stolzer Wunsch zu sagen: „Ich bin besser als die anderen, ich bin stärker als die anderen, ich verzichte auf dieses oder auf jenes.“ Und nicht immer ist es Liebe zu Gott, manchmal ist es Verliebtheit in sich selbst oder ein Wunsch, sich selbst anders zu zeigen. Deswegen sollte man mit Vorsicht herangehen.

In diesem Sinne muss man sagen: Beeilt euch nicht damit, das zu tun. Wenn jemand trotzdem irgendwelche Gelübde ablegen will, ist es besser, sowas mit geistlich-erfahrenen bzw. schrifterfahrenen Menschen zu besprechen. Dennoch ist es besser darauf zu verzichten, wenn der kleinste Verdacht drauf besteht, dass diese Tat unrein ist.

Noch etwas Interessantes, was die Thora im weiteren Verlauf bespricht, wäre die Auflistung von Menschen – zwölf Mal wiederholt sich die Auflistungen der Menschen aus jedem Stamm. Jeder hat einen silbernen Teller gebracht, der ein bestimmtes Gewicht hat, ein Schöpflöffel mit bestimmtem Gewicht, einen heiligen Schekel usw. – zwölf Mal wiederholt sich diese Auflistung.

Natürlich entsteht bei den Kommentatoren eine wichtige und notwendige Frage: „Warum ist in der Thora nicht geschrieben – jeder Mensch aus zwölf Stämmen kam und hat dies und jenes gebracht. Warum muss man das zwölf Mal wiederholen?“ Wir wissen, dass die Thora nicht mit einer Fülle an überflüssigen Worten sündigt. Dabei gibt es einen Unterschied zur menschlichen Rede, wo wir ganz viele unnütze, bzw. schädliche Wörter benutzen oder weitschweifig werden. In der Thora sehen wir das nicht. Hier müssen wir verstehen, dass die Gaben von Sebulon, Issaschar und auch die von Juda tatsächlich ganz verschiedene Gaben sind. Diese ist für jeden Menschen, für jeden Stamm und für jede Sippe, obwohl es das Gleiche ist, etwas ganz Eigenes. Wenn ein Mensch einen silbernen Teller gebracht und der andere auch das Gleiche gebracht hat, ist der Weg zu dessen Erwerb verschieden. Selbst wenn sie diesen Teller, dieses Silbertablett bei demselben Hersteller machen lassen haben, kamen sie auf verschiedene Weise dorthin. Jeder Mensch, der in die Gemeinde bzw. Synagoge kommt, ist seinen eigenen Weg gegangen.

Und deswegen gibt die Thora uns hier eine solche Auflistung. Genau deswegen, um uns zu zeigen, dass jeder Stamm trotz der gleichen Gaben einen anderen Weg hatte. So sind dies verschiedenen Gaben im geistlichen Sinne. Das soll uns im Gedächtnis bleiben.

Überhaupt werden sowohl die einzelnen Stämme als auch die Leviten, jeder nach seinem Stamm und nach ihren Häusern, zusammengezählt. Die Thora erinnert uns ständig an die verschieden Häuser, Stämme und Sippen. Das wird deswegen gemacht, um die ganze geistliche Vielfalt des Volkes aufzuzeigen. Wir sollten daran denken, dass der Allmächtige noch mehr will. Er will, dass alle Völker der Welt – Albaner, Norweger, Sulusen, Pygmäen und Jakuten, wirklich alle – in ihrer Vielfalt den Allmächtigen anbeten und zu Ihm kommen. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in der Thora wider. Wahrscheinlich ist der Segen der Kohanim bzw. der Priester eines der bekanntesten Ausschnitte der Thora – darauf stoßen wir auch in unserem Wochenkapitel. Darüber habe ich noch eine separate Sitzung, wo wir nur darüber reden. So haben die Priester das Gebot bekommen, das Volk Israel mit folgenden Worten zu segnen:

„Der Herr segne Dich und behüte Dich! Der Herr erleuchte Dich mit Seinem Angesicht und beschenke Dich mit Seiner Gnade! Soll Er an deiner rechten Hand verweilen, und deine Schulter stärken! Möge Er dir Shalom geben!“ (Bemidbar 6:24-26)

Man kann sagen, dass es Menschen gibt, für die Segen und Schutz ausreichen – das sind die Gerechten. Was braucht ein Gerechter? Er besitzt schon eine gewisse Gerechtigkeit in sich und trägt auch eine gewisse Erkenntnis über den Allmächtigen mit sich. Aus dem Grund braucht er nur den Segen und Schutz des Allmächtigen. Man muss Ihm angebunden sein und Ihm dafür danken.

Der zweite Satz des Segens: „Der Herr erleuchte dich mit Seinem Angesicht und gebe dir Gnade!“. Hier geht es eher um einen Menschen oder auch um das ganze Volk, der die „Teshuva“ nötig hat. Diese sehnen sich danach und auch nach der Buße. Einen solchen Menschen muss man näher zum Allmächtigen bringen. Dieser kann das nicht immer von sich selbst aus machen, weswegen er dazu aufgefordert werden muss. In so einem Fall braucht man die Gunst und Gnade des Allmächtigen und genau deswegen sieht dieser Segen hier das Vergeben der Sünden vor.

Sprich, wenn du ein Gerechter bist, segnet und behütet dich der Allmächtige. Doch es gibt die Menschen im Volk, die es nötig haben, dass der Allmächtige einen ständigen Blick auf sie wirft. Solche Leute bekommen das durch den Segen der Priester, damit Er höchstpersönlich in die Angelegenheiten solcher Menschen eingreift und diese Menschen Gunst finden in seinen Augen.

Die Phrase: „Es sei der Allmächtige neben dir!“ meint, dass der Allmächtige dir bei der Inneren bzw. geistlichen Arbeit helfen möge und Er sich Schulter an Schulter neben dich stellen soll.

Wie Paulus spricht: Zieht euch das Himmlische an. Der Herr gibt dir diese Möglichkeit, das Himmlische anzuziehen. Und Er schenke dir Schalom!

Wir wissen, dass auch der folgende Psalm dies sagt: „Der Herr gebe Seinem Volk Kraft und segne es mit Shalom!“

Was ist es für ein Shalom bzw. Friede, mit dem der Allmächtige Sein Volk segnet? Die Midrasch spricht: „Der Allmächtige hat lange nach einem Gefäß gesucht, das Er segnen könnte und welches auch den Segen für das Volk Israel tragen könnte. Dieses Gefäß ist der Friede. Das Wort „Frieden“ stammt vom Wort „Shalom“ und dies stammt wiederrum vom Wort „schlimut“ – auf Deutsch „Ganzheit“ – ab. „Shalem“ bedeutet auch „bezahlt“ und „schlem“ – „hat bezahlt“ usw.

Die Ganzheit, die geistliche Ganzheit des Menschen führt zum Frieden. Zwei geistlich ganzheitliche Menschen können miteinander nicht im Streit sein, weil sie von Gott erfüllt sind. So sind sie im Zustand der Annahme. Wenn wir im Frieden mit Gott sind, werden wir keinen Menschen bekriegen, der auch im Frieden Gottes ist. Also bekämpfen sich zwei Menschen nicht, wenn sie sich beide im Frieden des Allmächtigen befinden. Wenn ganz Israel, von den Holzhackern und Wasserträgern bis hin zum Priester, alle diese vor Gott stehen, entsteht zwischen ihnen Frieden. Sie vereinigen sich zu einem Ganzen.

Zusammengefasst haben wir uns das Aussiedeln eines kranken Menschen aus dem Lager und sein Zurückkommen angeschaut, genauso wie die Spaltung und Wiederherstellung der Beziehung in der Familie. Auch ging es um die Wiederherstellung des Friedens im Volke Israel, das alles um Israels Willen und genau das ist sehr wichtig. Auf diese Weise beherrschen wir nun endlich das Rezept des „geistlichen Pilavs“ oder anders gesagt das „geistlich komplizierte Essen“, das wir in diesem Wochenkapitel gesehen haben: Das ist nämlich die Trennung und Wiederherstellung. Unser Kapitel ist also der Wiederherstellung des Volkes Israels, der Wiederherstellung der Ganzheit in der Familie, im Tempel, im Haus, im Lager etc. gewidmet.

Auch darüber hinaus, wie man die Einheit bewahrt – ein sehr wichtiges Thema auch für die messianischen Gläubigen. Wir wissen nämlich, dass das letzte Gebet von Jeshua und Seinen Jüngern war, dass die Jünger Eins sein sollen, so wie Jeshua Eins mit dem Allerhöchsten ist. Die Einheitlichkeit mit dem Allmächtigen gibt uns auch die Einigkeit untereinander. In dieser Hinsicht gibt uns dieses Wochenkapitel einen großen Anlass zum Nachdenken, was ich auch vorschlage. Damit beenden wir unser Gespräch über das Wochenkapitel „Naso“. Der Herr segne euch alle, die die Thora studieren — in der ganzen Welt immer, überall und in allem! Seid gesegnet! Danke für eure Aufmerksamkeit und Shalom!

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