Markusevangelium, Kapitel 4

Bevor wir mit dem 4. Kapitel des Markusevangeliums anfangen, sollten die ersten drei Kapitel zusammengefasst werden. Wir betrachteten zunächst den zunehmenden Widerstand zwischen Jeschua und Pharisäern in der Frage der Gebotsbefolgung. Die beiden Seiten sind darin einverstanden, dass man die Gebote halten soll. Die Widerstände zwischen den Pharisäern und Jeschua betreffen die Methodologie der Gebotsbefolgung, z.B.: Wie soll man Schabbat halten, Umgang mit Aussätzigen, mit Menschen, die außerhalb des Lagers sind.

Das vierte Kapitel – und darüber wird wenig gesprochen – ist einer anderen grundlegenden Meinungsverschiedenheit zwischen Jeschua und Pharisäern gewidmet. Diese Meinungsverschiedenheit betrifft die Methodologie des Tora-Unterrichts: Wen darf man unterrichten, wie soll man unterrichten und welche Tora soll gelehrt werden. Darauf setzt Markus den Schwerpunkt in Kapitel vier.

So beginnen wir von Anfang an (Mk. 4,1):

Und er fing abermals an, am Meer zu lehren. Und es versammelte sich eine so große Menge bei ihm, dass er in ein Boot stieg, das im Wasser lag, und er setzte sich; und alles Volk stand auf dem Lande am Meer.

Diese Beschreibung erfordert eine gesonderte Aufmerksamkeit, weil die Brandung vom See Genezareth immer laut ist, und damit das Volk die Lehre hören kann, ist Stille erforderlich. Jeschua musste lauter als durch die Brandung erzeugter Lärm sprechen oder ein Wunder passierte und Stille brach ein (Mk. 2-6):

Und er lehrte sie vieles in Gleichnissen; und in seiner Predigt sprach er zu ihnen: Hört zu! Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen. Und es begab sich, indem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel und fraßen’s auf. Anderes fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Da nun die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. 

Gleichnis oder Maschal auf Hebräisch ist eine Metapher, um etwas Geheimes mitzuteilen.

Sehr häufig wurde auf so genannten Terrassen gesät. Das sind schmale leicht abfallende Bergflächen, die von beiden Seiten durch Steine umringt sind, die das Abrutschen des Bodens verhindern. Somit waren am Weg entlang liegende Steine die erste Stelle, wohin der Samen fallen konnte. Da besteht keine Möglichkeit, Wurzeln zu schlagen, der Samen liegt auf der Oberfläche, Vögel kommen und picken den Samen.

Weiter geht es um eine steinige Stelle. Damals wie heute ist der Boden in Galiläa überhaupt nicht tief. Fängt man an zu schaufeln, stößt man sehr schnell auf Steine. Selten kann man einen guten Boden auf solchen Berghängen, Terrassen finden.

Als die Sonne aufging (es ist gemeint, dass die Sonne hochsteht und brennt), verbrannte, vertrocknete der Samen. Weiter lesen wir (Mk. 4, 7):

Und anderes fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen empor und erstickten’s, und es brachte keine Frucht. 

Der dritte Samen fiel unter die Dornen (in dem Fall ist jegliches Unkraut gemeint). Um die Bodenfläche zum Säen vorzubereiten, muss man das Unkraut entfernen, es mit Wurzeln rausziehen. Wenn man das Unkraut nur abschneidet, bleiben die Wurzeln dann in der Erde und werden den Samen ersticken und die Säfte aus den in der Nähe wachsenden Wurzeln ziehen. Weiter (Mk. 4, 8-9):

Und all das Übrige fiel auf das gute Land, ging auf und wuchs und brachte Frucht, und einiges trug dreißigfach und einiges sechzigfach und einiges hundertfach. Und er sprach: Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Dieses Gleichnis erzählte Jeschua dem ganzen Volk.

Und als er allein war, fragten ihn, die um ihn waren, samt den Zwölfen nach den Gleichnissen. 

Es ist verwunderlich, dass das Gleichnis Jeschuas seinen nächsten Jüngern unklar bleibt. Wenn man sich fragt, ob das Gleichnis dem Volk verständlich ist, dann ist der springende Punkt, dass das Volk nicht die Bedeutung der Lehre bewahrt, sondern das Gleichnis selbst. Und die Geschichte darüber, dass der Säer herauskam und begann Samen zu säen, stellt ein klares Bild dar. Sie wird leicht von Mund zu Mund weitergegeben, sodass sich früher oder später jemand finden wird, der es verstehen und auslegen kann. In diesem Sinne ist ein Gleichnis sehr bequem, weil es einen klaren Hinweis auf einen unverständlichen Inhalt gibt. Deswegen ist es viel einfacher, durch Gleichnisse Informationen den Zuhörern zu vermitteln.

Die Jünger fragen ihn also über das Gleichnis. Jeschua antwortet ihnen folgendermaßen (Mk. 4, 11-12):

Und er sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen draußen aber widerfährt es alles in Gleichnissen, auf dass sie mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.

Es ist eine etwas seltsame Behauptung im Evangelium. Die traditionelle Lehre unterscheidet (diese Unterscheidung existierte bereits zur Zeit Jeschuas) vier Ebenen des Tora-Verständnisses: „Pschat“ – die einfache Bedeutung, „Remes“ – Andeutung, Gleichnis, „Drasch“ – Auslegung, Allegorie und „Sod“ – Geheimnis, eine geheime Lehre (zur geheimen Lehre gehörte z.B. die Frage über Ezechiels Wagen).

Im Geheimen wurde die tiefe Bedeutung des Hohelieds studiert und andere besondere  Abschnitte des Tanach (Kanon des Alten Testaments in der christlichen Tradition). Geheimere Lehren, die deutlich weniger mit Sola Scriptura und mit dem Tanach verbunden sind, sind zum Beispiel Geheimnisse von besonderen Namen, eine heimliche Reise in die oberen Welten usw. Das bedeutet, dass Tora in den Augen unserer Lehrer mehrere unterschiedliche Ebenen enthält.

Das Studium der Tora wurde bei weitem nicht allen gestattet. Zum einen war es teuer, zum anderen musste man seine Herkunft nachweisen, man musste entsprechend aussehen, reich sein usw. D.h. sogar unter Pharisäern, Verbreitern der Tora, existierten Einschränkungen – nicht alle verfügten über dieses Privileg.

Hier sagt Jeschua aber, dass nur Jünger den verborgenen Sinn der Lehre verstehen können. Alle anderen werden in Gleichnissen unterrichtet. Sie kennen nur die zweite Ebene des Torastudiums – „remes“. Warum bleibt dieses Verständnis vor ihnen verborgen? – „damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.“ Hier sollte erklärt werden, warum die Deutungen der Tora geheim sind. Nicht weil jemand sie versteckt, sondern weil sie sich selbst verstecken. Sie verstecken sich, weil sie geheim, verborgen sind. Und bevor der Mensch dazu kommt, soll er Buße tun, sich von seinen Sünden bekehren und erst dann kann er die Geheimnisse der Tora begreifen. Das bedeutet aber nicht, dass die Tora von diesem Menschen am Anfang versteckt werden muss. Tora wird dem Menschen auf dem Niveau unterrichtet, auf dem er würdig und in der Lage ist, sie wahrzunehmen.

Somit ist geklärt, warum Jeschua zum Volk nicht direkt, sondern in Gleichnissen spricht.

Weiter fängt Jeschua an, das Gleichnis zu deuten und in der Deutung geht es um das Toralernen (Mk. 4, 14-20):

Der Sämann sät das Wort. Diese aber sind es, die an dem Wege sind: Wo das Wort gesät wird und sie es gehört haben, kommt alsbald der Satan und nimmt das Wort weg, das in sie gesät war. Und diese sind es, die auf felsigen Boden gesät sind: Wenn sie das Wort gehört haben, nehmen sie es sogleich mit Freuden auf, aber sie haben keine Wurzel in sich, sondern sind wetterwendisch; wenn sich Bedrängnis oder Verfolgung um des Wortes willen erhebt, so kommen sie alsbald zu Fall. Und andere sind es, die unter die Dornen gesät sind: Die haben das Wort gehört, und die Sorgen der Welt und der trügerische Reichtum und die Begierden nach allem andern dringen ein und ersticken das Wort, und es bleibt ohne Frucht. Und jene sind es, die auf das gute Land gesät sind: Die hören das Wort und nehmen’s an und bringen Frucht, einige dreißigfach und einige sechzigfach und einige hundertfach.

Das Gesäte am Weg symbolisiert diejenigen, in die das Wort gesät wird, aber zu denen Satan kommt und das Gesäte in ihren Herzen stiehlt. Es gibt Sünden oder sündhafte Eigenschaften des Menschen, die ihn stören, das Wort wahrzunehmen, z.B. Stolz, der sagt: „Das alles ist Unsinn! Wir können auch ohne eure Lehren leben! Es gibt keinen Gott. Kosmonauten waren im Weltall und sahen Gott nicht!“ usw.

Wir sehen, es gibt Herzen, in die man den Samen nicht einpflanzen kann, weil sie durch eine langjährige Beleidigung oder durch Stolz oder etwas anderes eingeklemmt sind. Dennoch sind diese Menschen empfänglich, man kann sie durch Märchen, Gleichnisse oder Aphorismen erreichen. Ein direkt gesätes Wort führt aber zu keinem Ergebnis – der Satan kommt, die Sünde kommt und stiehlt das Wort.

Das Nächste ist das Gesäte auf felsigen Boden. Ein nicht tiefer, felsiger Boden ist reich an nahrhaften Stoffen, weil er komplett aus Humus besteht. Diese Menschen nehmen mit Leichtigkeit jede Lehre an, aber nur dann, wenn alles um sie herum gut und fröhlich ist. Lange arbeiten, jemanden auferziehen passt ihnen nicht. Sie wollen alles und sofort. „Wofür gibst du mir das Buch zum Lesen? Erzähl mir lieber mit eigenen Worten.“ Wenn die Zeit der Arbeit an sich selbst, Selbstveränderung, Trauer, Verfolgung, und persönlicher Probleme beginnt, schalten die Menschen auf diese Umstände um und vergessen den Samen.

Die dritte Variante ist das Gesäte unter die Dornen. Es ist das Gesäte in dem Menschen, der im Alltag, in der Suche nach Reichtum, in der Lösung von Problemen versunken ist.  Dieser Mensch kann versuchen, das Wort wie eine Magie anzuwenden. Oft kann man hören wie einige falsche Lehrer behaupten: „Durch das Wort werdet ihr Wohlstand bekommen, Gott wird euer Leben verändern, ihr werdet reich, ihr werdet so leben, dass alle anderen auf euch neidisch werden.“ Wenn das nicht funktioniert, werden die Menschen enttäuscht und gehen und vergessen das Wort und das Wort bleibt ohne Frucht.

Das letzte Beispiel ist das beste Beispiel von allen. Es ist der Samen, der auf das gute Land gesät wird. Es symbolisiert diejenigen, die das Wort hören, annehmen und Frucht bringen – der eine das Dreißigfache, der zweite das Sechzigfache und der dritte das Hundertfache.

Über dieses Gleichnis wurde viel geschrieben.  Das ist eins der populärsten Gleichnisse für Kommentatoren, und viele unterschiedliche Menschen, jeder nach seinem Wissen und Verständnis, versuchen dieses Gleichnis zu deuten.

Worum geht es hier? Vielleicht geht es hier um Reich Gottes oder um Errettung? Oder vielleicht um Bilanz des Dienstes Jeschua in Galiläa?

Ich neige dazu, hier das allgemeine Prinzip des Dienstes zu sehen. Da der Sämann über eine unbegrenzte Samenmenge verfügt, nimmt die Tora, die er sät, nicht ab. Er hat keine Angst, auf jeden Boden zu säen. Das Wort Gottes ist für jeden zugänglich und versteckt sich vor keinem. Jeder, der es will, kann kommen und hören. Der Sämann wählt den Boden nicht aus. Er sucht nicht danach, wo er bessere Schüler bekommen wird. Diese Herangehensweise motivierte viele Menschen zu weit entfernten Stämmen und Gemeinschaften zu gehen und für sie die Tora zu erklären und zu übersetzen, auch wenn einige evangelische Begriffe schwer zu übersetzen waren. Dennoch stellten die Menschen sich dieser Aufgabe und strebten danach, sie zu lösen.

Die Herangehensweise von Jeschua ist in dem Fall universell – jeder Mensch hat das Recht darauf, sich dem Wort Gottes anzuschließen und es zu berühren. Das Wort Gottes ist für jeden zugänglich. Jeschua sieht darin die Hauptaufgabe.  Der Sämann wird in der Geschichte als ein positiver Held abgebildet. Das Wort Gottes als Licht für diese Welt soll allen Völkern leuchten und es ist nicht relevant, wie und wer mit diesem Licht umgeht. Und als Fortsetzung dieses Gedankens sagt Jeschua im Vers 21 (Mk. 4, 21):

Und er sprach zu ihnen: Zündet man denn ein Licht an, um es unter den Scheffel oder unter die Bank zu setzen? Und nicht, um es auf den Leuchter zu setzen? 

Hier geht es um eine Öllampe und um ein spezielles Regal dafür, um die höchste Stelle im Haus, wo nichts das Lampenlicht verdeckt. Wir sollen das Licht nicht nur für uns allein anzünden, damit es eine möglichst kleine Fläche beleuchtet. Wir sollen keine Angst haben, alles um uns herum zu beleuchten, wir haben nichts zu verstecken. Im Vers 22 steht geschrieben (Mk. 4, 22):

Denn es ist nichts verborgen, das nicht offenbar werden soll, und ist nichts geheim, das nicht an den Tag kommen soll.

Diesen Vers legten mehrere Kommentatoren aus, und oft kann man als Schlussfolgerung hören, dass angeblich jedes Geheimnis unbedingt offenbart wird. Z.B. wenn du als Kind Kirschen bei dem Nachbarn stahlst, werden keine 70 Jahre vergehen, bis es allen bekannt wird. Oder mit vier warst du in ein Mädchen in der Nachbarschaft verliebt, sie wird nicht in Rente gehen, bis sie das erfährt. Oft wird es genau so erklärt.

In der Tat spricht Jeschua hier von der Schrift, von der Tora. Es gibt kein Geheimnis in der Tora, das nicht offenbart werden sollte. Der Allmächtige möchte, dass das Volk die ganze Tora versteht, dass Menschen nicht einander lehren müssen, sondern der ausgegossene auf das Volk Geist selbst die Tora gibt, die auf ihren Herzen geschrieben ist. D.h. hier geht es nicht um irgendwelche alltäglichen Geheimnisse, nicht um kindliche oder jugendliche Geheimnisse, sogar nicht um irgendwelche verdeckten Sünden. Hier geht es darum, dass die Tora offenbart werden kann und soll, ohne dass man auf eine explizite Anweisung dafür wartet, sondern im Gegenteil soll man verstehen, dass darin die Absicht des Vaters besteht (Mk. 4, 23):

Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Und im Vers 24 ergänzt Jeschua (Mk. 4, 24):

Und er sprach zu ihnen: Seht zu, was ihr hört! Mit welchem Maß ihr messt, wird man euch zumessen, und man wird euch noch dazugeben.

Diese Phrase ähnelt der, die wir bei Matthäus 7, 2 lesen: „Denn wie ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden“. Hier geht es um die Wahrnehmung der Tora. Wenn wir den Menschen nicht prüfen, ob er gut genug ist, um das Wissen zu erhalten, das wir ihm geben, dann bekommen wir auch das Wissen ohne jegliche Prüfung von Oben. Wenn wir nach jemandem suchen, der am würdigsten, am gerechtesten ist, wenn wir nach einem geeigneten Schüler suchen, dann werden auch wir von Oben geprüft, und es kann passieren, dass wir unter den gerechten Schülern nicht aufzufinden sind. Wenn wir die Tora weitergeben, sie mit anderen teilen, dann wird uns hinzugefügt. Wenn wir Angst haben, sie mit anderen zu teilen, dann wird von uns das genommen, was wir haben.

Ein anderes Gleichnis (Mk. 4, 26-29):

Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.

Hier spricht Jeschua darüber, dass der Sämann sich weder um die Qualität der Erde noch um die Qualität des Saatgutes sorgt. Der Sämann gibt die Toralehre und ihm wird nicht zuteil zu verstehen und zu sehen, wie diese Lehre im Menschen funktioniert, wie sie wirkt. Aber wir wissen, wenn der Same hindurchwächst, dann kommt die Zeit der Ernte, die Zeit, zum Schüler zurück zu kehren und die Früchte zu pflücken, ihn in die richtige Richtung zu weisen. Eine neue Lernetappe beginnt.

Das Wesentliche beim Lernen des Wortes erfolgt im Inneren des Menschen und ist für uns nicht sichtbar, weil diese Wirkung im Inneren des Menschen vom Allmächtigen vollbracht wird. Und wenn wir versuchen, uns in diesen Prozess einzumischen, können wir in eine amüsante Situation geraten. In einem Märchen von Astrid Lindgren pflanzt Karlsson einen Pfirsichkern in einen Blumentopf und jeden Tag gräbt er ihn aus, um zu schauen, ob er gekeimt hat. Oft gehen wir ähnlich mit unseren Schülern um, wenn wir versuchen, sofort zu verstehen und zu sehen, welche Früchte unsere Lehre gebracht hat. Jeschua sagt, dass der Mensch ruhig schlafen geht, am Tag aufsteht, sein alltägliches Leben führt, und die Frucht reift im Inneren des Schülers.

Noch ein Gleichnis (Mk. 4, 30-32):

Und er sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden? Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn es gesät wird aufs Land, so ist’s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können. 

Man könnte sagen, dass hier das Bild vom Samen selbst beschrieben wird. Es gab Menschen, die an dieser Stelle versuchten, Jeschua der Unkenntnis in Botanik zu beschuldigen, weil es Samen des chinesischen Veilchens gibt und das ist der kleinste Same auf der Erde. Und auch weiter, wenn es gesagt wird, dass Senf größer als andere Getreidearten wird und große Zweige wirft, sodass in ihren Schatten die Vögel Schutz finden können, ist so, als ob Jeschua etwas nicht weiß. In der Tat sagt Jeschua, dass das Wichtigste, das Geheime nicht vom Samen, nicht vom Sämann, sondern von der Erde kommt. Die Erde, der Schüler und das, was Gott mit dem Schüler macht, genau das verwandelt einen kleinen Senfsamen in eine große Pflanze, größer als anderes Getreide. Senf ist in der Tat sehr weit verzweigt, seine Zweige sind in verschiedene Richtungen ausgebreitet. Oft kann man in den Bergen von Schimron, in der Umgebung von Jerusalem Vogelnester unter Senfsträuchern sehen. Natürlich ist es kein Baum, aber es gibt Schatten und Vögel können sich darunter verstecken. Was dies betrifft, dass der Samen am kleinsten ist, ist es eine Metapher, die für die damaligen Zuhörer klar war. Vielleicht ist er der kleinste aus den im Land bekannten Samen usw. Man darf das Evangelium nicht als Lehrbuch in Naturwissenschaften, inklusive Botanik sehen. Weiter (Mk. 4, 33-34):

Und durch viele solche Gleichnisse sagte er ihnen das Wort so, wie sie es hören konnten. Und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen; aber wenn sie allein waren, legte er seinen Jüngern alles aus.

In diesem Kapitel, wie es am Anfang erwähnt wurde, steht die Quintessenz der Überlegungen von Jeschua zum Toralehren. Im Gegensatz zu Pharisäern, die nur Auserwählte und Würdige lehren, werden hier alle gelehrt, weil das Wort Gottes in sich ein Werkzeug enthält, das auf dem geeigneten Boden das Wort selbst züchten kann. Zudem wissen wir, dass jeder Samen in sich einen Prototyp des Baums, auf dem er gewachsen ist, enthält. Jeschua sagt, dass wir Schüler nicht in gute und schlechte, würdige und unwürdige aufteilen, sondern wir predigen allen. Es gibt keine Geheimnisse in der Tora, die man bis zu einer bestimmten Zeit aufbewahren müsste. Jedes Tora-Geheimnis ist zum Offenbaren bestimmt, deswegen dürfen wir nicht sagen: „Es ist noch nicht die Zeit dies mitzuteilen. Ich habe Angst dies zu erzählen.“ Man soll keine Angst haben. Man soll gehen und erzählen. So sammelte Markus Ereignisse und Aussagen von Jeschua bezüglich des Toralehrens, die Er an einem Tag machte.

 (Mk. 4, 35-40).

Und am Abend desselben Tages sprach er zu ihnen: Lasst uns ans andre Ufer fahren. Und sie ließen das Volk gehen und nahmen ihn mit, wie er im Boot war, und es waren noch andere Boote bei ihm. Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass das Boot schon voll wurde. Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen. Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, dass wir umkommen? Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig! Verstumme! Und der Wind legte sich und es ward eine große Stille. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben? 

Da Jeschua von einer großen Volksmenge umgeben ist, fordert er am Abend seine Jünger auf, auf die andere Seite hinüberzufahren. Und im gleichen Boot, in dem er war – es gab dort auch andere Boote – fuhren sie über den See Genezareth. Man muss sagen, wenn man beim Sturm auf den See Genezareth gerät, ist es wirklich ein furchtbarer Anblick. Und wenn man sich vorstellt, wie es vor 2000 Jahren war, dann ist es noch beängstigender. Es gab keine Beleuchtung, ein starker Wind, das Wasser überflutet das Boot… Jeschua schläft unter diesen Umständen am Heck, wo es am stärksten schaukelt. Die Jünger sagen zu ihm: „Ist es dir egal? Macht es dir nichts aus, dass wir sterben?“ Jeschua wacht auf und befiehlt dem Wind, aufzuhören. Und es kam eine große Stille (Mk. 4, 41):

Und sie fürchteten sich sehr und sprachen untereinander: Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind!

Wozu führt Markus diese Geschichte am Ende des vierten Kapitels auf? Da Jeschua Tora lehrt und erzählt, wie man lehren soll, schadet es nicht noch einmal zu erinnern, was für ein Mensch Еr ist und mit welcher Autorität Еr lehrt. Denn das, worüber Jeschua in diesem Kapitel spricht, ist der Anfang der Festlegung von Prinzipien, wie man Tora weitergibt und wie man Schüler lehrt. Um dies zu vollbringen (gerade das wird auch später die größte Feindlichkeit seitens aller Pharisäer hervorrufen), muss man über reelle Macht verfügen. Und um diese Macht zu bestätigen, erinnert Markus, dass Jeschua kein einfacher Heiler ist, der große Popularität beim Volk genießt und Aussätzige heilt, sondern Er ist ein Mensch, der die Natur in großen Maßstäben steuern kann. So endet das vierte Kapitel mit der Bestätigung der Autorität von Jeschua, der eine neue Herangehensweise an das Lehren der Tora gab.

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

6 + 2 =