Markusevangelium, Kapitel 6

Am Anfang des sechsten Kapitels lesen wir, dass Jeschua in sein Heimatland kam. Aus anderen Quellen wissen wir, dass Jeschua in der Stadt Bet Lechem (Bethlehem) in Judäa geboren wurde. Nazrаt (Nazareth) ist eine jüdische Stadt, in der Jeschua groß geworden ist. Aus dem Neuen Testament wissen wir über diese Stadt nur das, dass es die Stadt von Jeschuas Kindheit war.

Aus externen jüdischen Quellen liegen uns keine talmudischen Beschreibungen dieser Stadt vor. Die früheste Erwähnung dieser Stadt ist im siebten-achten Jahrhundert bei Elieser Klir, dem Dichter und Psalmensänger zu finden. Aus externen historischen Texten gibt es einen Verweis auf Sextus Iulius Africanus, der im zweiten-dritten Jahrhundert lebte und der erzählt, dass Nazrat und die Nachbarstadt Kuchava jüdische Städte waren. Das gab vielen Bibelforschern den Anlass zu sagen, dass eine solche Stadt wie Nazrаt niе existierte und dass es eine messianische Erfindung sei. Andererseits wäre es richtiger anzunehmen, dass aufgrund der geringeren Bevölkerungszahl – ca. 500 Menschen – die Stadt nirgendswo eingetragen war, und deswegen in jüdischen Quellen nicht erwähnt wird, wie im Übrigen viele andere Ortschaften. Wir hätten nichts von der Stadt Krajot gewusst, wenn es nicht erwähnt worden wäre, dass Jehuda Iskariot aus dieser Stadt stammte. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass von Nazrat keine Informationen vorhanden sind.

Weiter  (Mk. 6,2):

Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen! 

Wir lesen nichts darüber, dass Jeschua Wunder genau an diesem Samstag tat, am ehesten lehrte er einfach. Am Samstag nach dem Abendgebet fand in der Synagoge ein Unterricht statt, nicht zur Schrift, sondern es war Unterricht zu Fragen der Moral und Ethik, bezogen auf Verhalten im alltäglichen Leben, Selbstverbesserung usw. Und Einheimische, die Jeschua von Kindheit an kannten, wurden mit einer großen Schwierigkeit konfrontiert. Denn es fällt schwer Ermahnung und Belehrung von einem Menschen anzunehmen, den man gut kennt. Was die Reaktion auf die Wunder betrifft, so sahen die Menschen natürlich, dass Jeschua ist derselbe, den sie von Kindheit an kennen. Er bekam keinen Heiligenschein über den Haupt, er leuchtete nicht mit einem besonderen Leuchten, sondern er blieb derselbe Mensch, der unter ihnen lebte: als Baby, als Kleinkind, als Teenager, als Jugendlicher… Die Menschen wunderten sich über die Weisheit von Jeschua und waren empört, dass die Person, die sie von klein auf kannten, auf die Idee kam, sie zu lehren.

(Mk. 6,3):

Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm.

„Zimmermann“ – so lautet die Übersetzung des griechischen Wortes und vermittelt einen etwas einseitigen Eindruck. Allerdings kann dieses Wort unterschiedlich übersetzt werden und von „Schmied“ bis zu „Schiffbauer“ bedeuten. Im weiteren Sinne bedeutet dieses Wort Mechaniker, Allrounder, eine Person, die in der Lage ist, jede Tätigkeit, angefangen mit Schmied-, Schreiner-, Schlosser- bis zu kleinen Architekturarbeiten auszuüben. Jeschua war Handwerkmeister in seinem Dorf und darüber sprachen die Bewohner. Zu berücksichtigen ist, dass keine Missachtung gegen die handwerklichen Tätigkeiten oder den Zimmermannsberuf bestand. Solche Menschen wurden sogar für würdevoll und klug gehalten. Im Talmud gibt es folgende Frage: „Wo können wir einen Zimmermann finden, der kommt und uns es erklärt?“ Aber hier geht es darum, dass die Menschen Jeschua kennen, sie kennen ihn als einen Mann, der lange Zeit in einer Werkstatt des Dorfes gearbeitet hat, sie kennen seine Brüder, einige sind vielleicht mit seinen Schwestern verheiratet. Und sie verstehen nicht, wie Jeschua, wenn man das Ganze berücksichtigt, sie belehren kann, und geraten dadurch in Versuchung.

(Mk. 6,4):

Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie.

Menschen sind bereit  Predigt, Ermahnung, Heilung mit Respekt und sogar Ehrfurcht zu empfangen, aber die Verwandtschaft und Erinnerung daran, wie die Person aufgewachsen ist, wie sie eine Zeitlang unter ihren Augen gelebt hat, das alles

stört sie daran, in Jeschua einen Propheten, Prediger, Heiler und Messias zu sehen

(Mk. 6,5):

Und er konnte dort keine Machttat tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.

Wir sahen in den vorherigen Kapiteln, dass Jeschua Besessene, Gelähmte usw. heilte, ohne dass sie irgendein Anzeichen des Glaubens ihrerseits zeigten. D.h. Jeschua benötigt den Glauben des Menschen nicht als Werkzeug zum Heilen, aber wir wissen auch, dass Jeschua die Werke seines Vaters tut und das macht, was sein Vater ihm aufzeigt. Dort, wo es keinen Glauben gibt, ist es sinnlos, Wunder zu vollbringen, weil die Wunder genau für die Festigung und Stärkung des Glaubens getan werden.

(Mk. 6,6):

Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte.

Jeschua verließ die Stadt Nazareth, wo ihn alle kannten, und ging in umliegende Dörfer um zu lehren.

Weiter geht es darum, dass Jeschua beginnt, seine Jünger je zu zweit herauszusenden. Hier verwendet Markus einen hebräischen Ausdruck „dua dua“, d.h. eine Lehnübersetzung – „Paar nach Paar“ Schüler herauszusenden. Und er gab ihnen Macht über unreine Geister. Jeschua ernennt autorisierte Jünger, gibt ihnen seine Kraft und Macht, und schickt sie zum Dienst.

(Mk. 6,8-11):

und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen. Jeschua spricht hier zu seinen Schülern von der einfachsten Bekleidung. Und er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst! Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen, ihnen zum Zeugnis. 

Es existierte eine Tradition, die man in Talmud, Midraschim(Auslegungen) und Buch Sohar finden kann, dass die Weisen, wenn sie sich dem Land Israel näherten , ihre Füße und ihre Schuhe mit Wasser übergossen, um den Staub des unheiligen Bodens, wo Götzendienst betrieben wird, abzuwaschen. Diese Tradition wurde sorgfältig befolgt. Jeschua spricht darüber, dass man so tun soll, aber die Trennungslinie verläuft jetzt nicht zwischen Heiden und Israel, sondern zwischen denen, die Jeschua annehmen, und denen, die ihn nicht annehmen, obwohl Jeschua weiterhin seine Jünger nicht in heidnische Städte schickt. (Das sollen wir nicht außer Acht lassen. In dieser Phase gehen Jünger noch nicht zu den Heiden)

(Mk. 6,12-13):

Und sie zogen aus und verkündeten die Umkehr. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.

Hier wird zum ersten Mal im Evangelium von der Salbung mit Öl gesprochen. Die Tradition der Ölsalbung ist sehr alt. Priester malten bei der Ölsalbung den Buchstaben „tav“ auf der Stirn. So wird der griechische Buchstabe „chi“, d.h. ein kleines Kreuz, manchmal im Talmud erwähnt. Es wird angenommen, dass der Allmächtige allen Gerechten bei ihren Tod  auch den Buchstaben „tav“ oder ein Kreuz an die Stirn malt. Außerdem existierte eine Tradition kranke Menschen zu salben – gesalbt wurden schmerzende Stellen, gequetschte Stellen, blutende Wunden, Schwellungen. Nicht immer wurde die Salbung mit Salböl gemacht. Salbung mit Salböl wurde als Zeichen der Sündenvergebung oder der Reinigung oder Erwählung zum Dienst verwendet, und für die Heilung wurde das Olivenöl für die Salbung der schmerzenden Stellen verwendet. Und heute in den Kirchen und Gemeinden, wo man die Heilung im Namen Jeschua praktizieren möchte, sollte man die schmerzende Stellen salben, nicht die Stirn. Somit sehen wir, dass die Apostel auch die Ölsalbung anwendeten, obwohl Jeschua darüber nirgendwo spricht.

 (Mk. 6,14-16):

Der König Herodes hörte von Jesus; denn sein Name war bekannt geworden und man sagte: Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden; deshalb wirken solche Kräfte in ihm. Andere sagten: Er ist Elija. Wieder andere: Er ist ein Prophet, wie einer von den alten Propheten. Als aber Herodes von ihm hörte, sagte er: Johannes, den ich enthaupten ließ, ist auferstanden.

Hier geht die Rede um Herodes Antipa – den Sohn von Herodes dem Großen. Herodes Antipa war der Herrscher in Galiläa und Peräa. Er verhaftete zu seiner Zeit Johannes wegen seiner Frau Herodias, Frau von Philipus, seines Bruders, weil er sie geheiratet hatte. Philipus war der leibliche Bruder von Herodes Antipa und war mit Herodias, die eigentlich seine Nichte war, verheiratet. Herodias heiratete also Onkel Philipus, aber mit Herodes hatte sie eine heiße Affäre. Und Johannes, Prophet des Volkes Israels, kam zu Herodes Antipa und ermahnte ihn. Dafür ließ Herodes ihn verhaften und hielt ihn eingesperrt. Herodes ließ ihn aus seinem eigenen Stolz heraus einsperren und hatte Angst ihn zu befreien, da er von ihm stark ermahnt wurde. Herodias wünschte sich Johannes Tod, aber sie konnte ihm nichts antun. Im Vers 20 gibt es einige Schwierigkeiten mit der Übersetzung. Man kann erkennen, dass Herodes fühlte sich beschämt wenn er Johannes zuhörte, d.h. Herodes war bereit Ermahnung von ihm anzunehmen, er hörte ihm gerne zu, obwohl Johannes für Herodes unangenehme Aussagen machte. Aber das war Herodes, der etwas Menschliches in sich hatte und in gewissem Maße gewissenhaft war, was man nicht von dem weiblichen Teil seiner Familie sagen kann. Herodes feierte seinen Geburtstag in seiner Festung in Peräa, er veranstaltete ein Festmahl für die ganze Oberschicht, Würdenträger und jüdische Älteste.

 (Mk. 6,22-23):

Da kam die Tochter der Herodias und tanzte und sie gefiel dem Herodes und seinen Gästen so sehr, dass der König zu dem Mädchen sagte: Verlange von mir, was du willst; ich werde es dir geben. Er schwor ihr sogar: Was du auch von mir verlangst, ich will es dir geben, und wenn es die Hälfte meines Reiches wäre. 

In der Tat sind es nur poetische und romantische Worte, weil Herodes Antipa ein Marionetten Herrscher ist, er konnte niemanden sein Reich geben, weder Herodias, noch Solomea( Herodias Tochter), noch jemandem anderen. Aber Herodes verhielt sich wie ein Macho und gab dem Mädchen ein solches Versprechen. Solomea entschied ihrerseits die Situation zu nutzen und um das Richtige zu ersuchen beriet sie sich mit der Mutter.

 (Mk. 6,24-25):

Sie ging hinaus und fragte ihre Mutter: Was soll ich verlangen? Herodias antwortete: Den Kopf Johannes’ des Täufers. Da lief das Mädchen zum König hinein und verlangte: Ich will, dass du mir sofort auf einer Schale den Kopf Johannes’ des Täufers bringen lässt. 

Man kann sehen, mit welcher Begeisterung und Freude Solomea sich beeilt den Wunsch ihrer Mutter auszuführen, sie hat sogar die Option für die Präsentation des Geschenkes ausgedacht – den Kopf Johannes des Täufers auf einer Platte zu servieren.

(Mk. 6 26-27):

Da wurde der König sehr traurig, aber wegen der Eide und der Gäste wollte er ihren Wunsch nicht ablehnen. Deshalb befahl er einem Scharfrichter, (hier wird das Wort verwendet, das Verteidigungsminister, Wachoberst bedeutet) sofort ins Gefängnis zu gehen und den Kopf des Täufers herzubringen. Der Scharfrichter ging und enthauptete Johannes. 

Wahrscheinlich spielt das Ganze in der jüdischen Festung Mechero ab, wo sich sowohl das Gefängnis als auch der Festsaal für Feierlichkeiten befand. Und der Scharfrichter ging den Befehl auszuführen.

 (Mk. 6,28-29):

Dann brachte er den Kopf auf einer Schale, gab ihn dem Mädchen und das Mädchen gab ihn seiner Mutter. Als die Jünger des Johannes das hörten, kamen sie, holten seinen Leichnam und legten ihn in ein Grab.

Es ist nicht bekannt, ob die Jünger Johannes mit dem Kopf oder ohne begruben. Heute werden  zwei unterschiedliche Köpfe von Johannes in verschiedenen Klöstern  aufbewart und niemand weiß, ob einer von denen echt ist. Man muss aber bemerken, dass Herodes glaubte, dass ein hingerichteter Gerechter auferstehen und Wunder vollbringen kann. Und das ist ein Beispiel des Glaubens an die Auferstehung vom Tod in der Zeit von Jeschua, dieser Glaube konnte auch in Bezug mit dem messianischen Glauben stehen. Es kann wohl sein, als Herodes von Johannes Auferstehung spricht, hinweist dadurch auf seinen Glauben, dass Johannes der Messias ist, dass er ein Wundertäter ist, der auferstehen kann. Die Auferstehung eines geköpften Menschen, wenn der Kopf vom Körper abgetrennt ist, (es ist nicht bekannt, ob die Jünger den Kopf von Johannes abholten oder ob Herodias ihn noch lange bewunderte) ist ein großes Wunder und Herodes glaubt, dass so etwas möglich ist.

 (Mk. 6,30):

Die Apostel versammelten sich wieder bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. 

Das ist die einzige Stelle, wo Markus das Wort „Apostel“ in Bezug auf die Botschafter verwendet. Der Auftrag als Botschafter konnte für eine bestimmte Zeit gegeben sein, und die Kraft und Macht konnten die Apostel, nachdem sie gedient hatten und zu Jeschua zurückgekehrt sind, verlieren, d.h. keine Macht mehr über unreine Geister besitzen. Aber möglicherweise blieb die Macht weiterhin. Unter allen Umständen ist zu betonen, dass der Auftrag als Botschafter, um den hier die Rede geht,ist nicht ewig und nicht von einem zum anderen übertragbar.

Jeschua sieht, dass seine Schüler müde sind und sagt ihnen

(Mk. 6,31):

Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus! Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen. 

Wir sahen früher, im zweiten Kapitel Markus Evangelium, dass das Volk die Jünger stets so bedrängte, dass sie keine Zeit zum Essen hatten. Jeschua kümmert sich hier um seine Schüler und um Erholung für sie. Sie fuhren allein mit dem Boot. Die Menschen sahen, wohin sie fuhren, und folgten ihnen nach, und waren früher als sie am Ziel. Sie kamen zu Fuß zu dem Ort und versammelten sich dort. Jeschua sah eine Menge an Menschen, die nach der Lehre suchen und sie benötigen, und erbarmte sich ihrer. Sie waren wie Schafe ohne Hirten und Jeschua begann sie zu lehren, d.h. sie waren bis spät in der Nacht beim Toralernen. Am Abend kamen die Jünger und sagten zu ihm

(Mk. 6,35-36):

Der Ort ist abgelegen und es ist schon spät.  Schick sie weg, damit sie in die umliegenden Gehöfte und Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können! 

Das Wort „schick sie weg“ wird in der Bedeutung „eine Frau wegschicken“ verwendet, d.h. Jünger sagen, dass Jeschua das Volk wegjagen soll, und verwenden dafür ein ziemlich unhöfliches Wort. Jeschua antwortete ihnen

(Mk. 6,37-39):

Er erwiderte: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten zu ihm: Sollen wir weggehen, für zweihundert Denare Brot kaufen und es ihnen zu essen geben? Er sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach! Sie sahen nach und berichteten: Fünf Brote und außerdem zwei Fische. Dann befahl er ihnen, sie sollten sich in Mahlgemeinschaften im grünen Gras lagern. 

Der Hinweis auf grünes Gras zeugt von frühem Frühling. Nach Pessach bleibt kein grünes Grass, weil alles durch die Sonne verbrannt wird, oder es war auf dem Seeufer, wo es noch drei-vier Wochen grün bleibt.

(Mk. 6,40):

Und sie ließen sich in Gruppen zu hundert und zu fünfzig nieder. 

Man soll es nicht buchstäblich verstehen, dass die Menschen sich in 100 und 50 aufteilten. Das hätte zu viel Zeit gebraucht und zu viel Chaos verursacht. Eher beschreibt Markus hier ein allgemeines Bild.

(Mk. 6,41):

Darauf nahm er die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten. Auch die zwei Fische ließ er unter allen verteilen. 

Die in diesem Vers verwendete Sprache ist eucharistisch: „brach, blickte und gab“. Und man kann sagen, dass die ausgeführte Handlung (es scheint das Brotbrechen zu sein) – eine Standardhandlung für Juden ist – segnete, brach und gab. Aber man muss die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass dies möglich ein Hinweis auf das erste eucharistische Brotbrechen sein kann, als Opferung vor dem Anfang der neuen messianischen Ära. Wie in der Zeit der ersten Befreiung durch Mosche, er Manna auf die Erde fallen ließ, so vermehrte Jeschua Brot, was eine Parallele zum Beginn einer neuen Befreiung zieht.

(Mk. 6,42-43):

Und alle aßen und wurden satt. Und sie hoben Brocken auf, zwölf Körbe voll, und Reste von den Fischen.

Anzumerken ist, dass Markus der einzige Evangelist ist, der in dieser Geschichte von Fischen spricht, und die Zahl „zwölf“ zeigt selbstverständlich auf Israel – es ist ein neues Brot, neue Nahrung, die Israel gegeben wurde.

(Mk. 6,44):

Es waren fünftausend Männer, die von den Broten gegessen hatten.

Weiter, statt das Volk zu vertreiben, wie die Jünger ihn gebeten hatten (unter Berücksichtigung dessen, dass er sowohl die Müdigkeit der Apostel als auch die Müdigkeit des Volkes mitfühlt), tut Jeschua genau das Gegenteil – Jeschua vertrieb die Jünger

(Mk. 6,45-46):

Gleich darauf drängte er seine Jünger, ins Boot zu steigen und ans andere Ufer nach Betsaida vorauszufahren. Er selbst wollte inzwischen die Leute nach Hause schicken. Nachdem er sich von ihnen verabschiedet hatte, ging er auf einen Berg, um zu beten. 

Wenn man das Volk gehen ließ, machte man davor kurze „Dvar Tora“ (eine kurze Belehrung aus der Tora),  sie segnen und um ihren guten Rückweg beten. Man kann annehmen, dass folgende Prozedur etwa eine Stunde dauerte, danach ging Jeschua auf den Berg um zu beten. Am Abend – nach dem Aufgang der Sterne – war das Boot mitten im Meer und Jeschua befand sich auf dem Ufer. Er sah vom Ufer, dass der Gegenwind blies. Um die vierte Nachtwache (d.h. gegen drei Uhr Morgen – Markus verwendet hier die römische Aufteilung in Wachen. Die Römer teilten die Nacht in vier Wachen, die Juden – in drei. In dem Fall ist die Rede wahrscheinlich von drei Uhr Morgens) trat Jeschua an seine Jünger heran, auf dem See gehend, und wollte an ihnen vorbei gehen. Möglicherweise wollte er sie überholen und sie in Bet-Sajit treffen. Höchstwahrscheinlich, das er an ihnen vorbei gehen wollte war der Eindruck der Apostel. Sie dachten, dass ein Gespenst auf dem See geht, nicht unbedingt der Geist Jeschua, und waren sehr verängstigt.

 (Mk. 6,50-52):

Alle sahen ihn und erschraken. Doch er begann mit ihnen zu reden und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht! Dann stieg er zu ihnen ins Boot und der Wind legte sich. Sie aber waren bestürzt und fassungslos. Denn sie waren nicht zur Einsicht gekommen, als das mit den Broten geschah; ihr Herz war verstockt.

Was betont Markus hier? Dass die Apostel sahen, wie Jeschua mit einigen wenigen Broten fünftausend Menschen sättigen konnte, aber die tiefe Bedeutung dieses Wunders, seine Verbindung mit dem ersten Kapitel, der ersten „Geula“ ( mit der ersten Erlösung )  verstanden die Apostel nicht, weil ihr Herz verhärtet war. Sie waren nicht bereit DIESE Information wahrzunehmen. Und nachdem sie den See Genezareth überquerten, kamen sie in dem Land Genezareth an und wie bereits zuvor, verbreitete sich das Gerücht über Jeschua ganz schnell unter den Bewohnern, und zu dem Ort seiner Ankunft fing man an Schwerkranke aus der ganzen Umgebung zu bringen.

Somit wurde ein ganzer Rettungsdienst auf freiwilliger Basis oder mit einer finanziellen Aufwandsentschädigung eingerichtet. Es fanden sich Freiwillige, die Verantwortung übernahmen, Kranke zu sammeln und sie auf ihren Betten zu Jeschua zu bringen.

 (Mk. 6,56):

Und immer, wenn er in ein Dorf oder eine Stadt oder zu einem Gehöft kam, trug man die Kranken auf die Straße hinaus und bat ihn, er möge sie wenigstens den Saum seines Gewandes berühren lassen. Und alle, die ihn berührten, wurden geheilt.

Offensichtlich erkannten viele der Bewohner aus der Umgebung von Genezareth im Gegensatz zu Aposteln, die Jeschua im Alltag erlebten, die Tiefe des Wunders mit Broten und verglichen es mit dem Wunder des Auszugs aus Ägypten. Hier entsteht eine Parallele zu der Geschichte oben, als Verwandten und Familienangehörigen den Wundertäter und Propheten in Jeschua nicht erkannten. In dieser Situation sahen die Apostel in Jeschua keinen Erzeuger der messianischen Ära, keinen neuen Erlöser im Gegensatz zu den anderen Menschen, die fingen sogar an, an die heilende Kraft der Bekleidung von Jeschua zu glauben. Durch diesen Glauben entstanden die Nachfolger – Menschen, die bereit waren, freiwillig zu dienen, Arme und Kranke zu Jeschua zu bringen, usw.

Somit zeigt Markus, dass nicht nur Einheimische und Landsleute von Jeschua Schwierigkeiten mit der Annahme hatten, sondern auch den Aposteln, den nahestehenden Schülern, die ihn jeden Tag erlebten, fiel es schwer, bestimmte geistliche Aspekte und von Jeschua vollbrachte Wunder wahrzunehmen. Der Sinn besteht darin, dass man sich irren kann wenn man jemanden aus der Nähe betrachtet und versucht, den Nächsten geistlich zu beurteilen. Das passierte sogar den Aposteln. Vielleicht enthält das den Hinweis von Markus auf die allgemeine Ablehnung von Jeschua durch Juden, und ist ein Versuch seiner Rechtfertigung. Somit zeigt Markus den Mechanismus des Fehlers auf, durch den es schwierig ist, die Größe seines Nächsten wahrzunehmen.

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

5 + fünf =