Kommentar zum Hebräerbrief -Einführung

Einführung

Es ist sehr angebracht, dieses Buch unmittelbar nach dem Studium von Kohelet (Prediger) zu studieren, denn diese beiden Bücher haben wirklich eine wunderbare Ähnlichkeit. Buch Kohelet spricht von irdischer Weisheit und der Unergründlichkeit des Schöpfers, dass der Plan des Schöpfers tiefgründig ist und dass der Schöpfer uns durch Seine Gebote offenbart wird, daher ist das ganze Wesen eines Menschen, alles, was ein Mensch tun kann ‒ dem Schöpfer zu gehorchen. Andererseits gibt der Hebräerbrief eine christliche oder messianische Antwort auf die Hauptfrage der Kabbala (die Lehre über das Verborgene) – über den Sinn des Universums. Die Kabbala öffnet einen Spalt, einen Vorhang über dem Plan des Allmächtigen, sie gibt uns die Gelegenheit, den Plan des Allmächtigen, Sein Vorhaben zu betrachten. Die Kabbala ist berufen, den göttlichen Plan für das Universum, die Ziele des Universums zu offenbaren. Das ganze Buch, der gesamte Hebräerbrief ist eine Predigt über den Sinn des Universums, darüber, wie und wofür die Welt erschaffen wurde, wie sich alles entwickelte und wie alles enden sollte…. Tatsächlich liefert der Hebräerbrief Antworten auf die Fragen, die Kohelet unbeantwortet gelassen hat ‒ das ist die Essenz der neuen Offenbarung, von der der Hebräerbrief spricht.

Wer hat es geschrieben, wer ist der Autor dieses Briefes? Es gibt verschiedene Meinungen, eine Diskussion darüber, gab es schon in der ersten Gemeinde im 1-2 Jahrhundert, unmittelbar nach dem Schreiben dieses Briefes. Nur wenige wussten, wer ihn geschrieben hat. Es gab viel Streit zu diesem Thema, also fasste Tertullian, wenn ich mich nicht irre, zusammen: „Gott allein weiß, wer diesen Brief geschrieben hat“ und ich stimme ihm zu: wer diesen Brief geschrieben hat ‒ nur Gott weiß es. Natürlich legten die Menschen unterschiedliche Versionen vor.

Wir können eine Art psychologisches Profil des Autors des Briefes erstellen: das ist ein sehr gut gebildeter, belesener Jude, fließend in Rhetorik, jemand zum Beispiel wie Apollos aus dem Gefolge des Paulus. Ja Apollos (wir wissen nicht, wie er das Brief schreiben würde, wenn er geschrieben hätte), ist für die Autorschaft dieses Briefes durchaus geeignet… Wir ziehen diese Schlussfolgerung aus der Tatsache, dass wir haben sehr enge Vorstellung vom jüdischen Leben in der damaligen Welt. Petrus sagte zu Paulus, dass es viele Tausende von Gläubigen gibt, die das Gesetz halten, und unter diesen vielen Tausenden könnte bestimmt eine Person oder ein Dutzend Personen wie Apollos gewesen sein, die diesen Brief hätten schreiben können, so dass man nicht immer nach einem bestimmten Namen suchen soll. Es reicht uns zu wissen, dass dieses Buch im biblischen Kanon ist und es sehr nützlich ist zu studieren; dass es von einer Person geschrieben wurde, die die jüdische Tradition und die griechische Sprache gut kennt.

Es ist insofern eine Parallele zu Paulus‘ Lehre, weil Paulus und der Hebräerbrief darüber sprechen, was sich mit dem Kommen des Maschiach verändert hat. Der große Unterschied besteht darin, dass Paulus sich in seinen Briefen hauptsächlich an ein nichtjüdisches Publikum richtet, an die Heiden, für die der Begriff „Bund“ im Allgemeinen neu ist, denn sie waren vorher nicht in einem Bund mit Gott. Hier bezieht sich der Hebräerbrief speziell auf die Juden und erklärt den Juden, was sich für sie geändert hat. Daher spricht und redet Paulus im Grunde darüber, wie gut Jeschua ist, wie gut es ist, mit Jeschua zusammen zu sein, und sein Hauptleitmotiv ist „Güte, Segen, Gnade“. Der Hebräerbrief hat ein etwas anderes Leitmotiv, sein Leitmotiv ist „Besser“. Der Brief an die Hebräer wird darüber sprechen, was mit Jeschua besser ist oder was Jeschua verbessert. Ein Jude, wenn er den Allmächtigen im Gebet segnet, spricht ein allgemein bekannten Spruch: tov umejtiv ‒ „Der Gutes gibt und verbessert“.

Paulus spricht über den „guten“ Teil, er spricht über den Anschluss der Heiden an das Volk Gottes, über die Gelegenheit für die Heiden, sich dem himmlischen Frieden zu nähern; der Autor des Briefs an die Hebräer spricht von etwas „Besserem“, er ruft die Juden zum besseren Teil.

Tatsächlich sprechen Paulus’ Briefe und der Autor von Hebräerbrief über dasselbe, es gibt keinen wesentlichen Unterschied, es gibt keine „besonderen“ Bedingungen für die Juden. Nur wurde die Predigt in unterschiedlichen Situationen und vor verschiedenen Zuhörern gehalten, auch zwei verschiedene Arten von Botschaften wurden geschrieben. Da sich außerdem das jüdische Publikum aufgrund seiner Bildung, aufgrund seiner Erfahrung, aufgrund einer gewissen angesammelten Tradition als gebildeter und besser vorbereitet herausstellte (wir sprechen natürlich von gläubigen Zuhörer), daher ist der „Brief an die Hebräer“ mystischer und enthüllt tiefer viele Geheimnisse. Das schmälert die Lehre des Paulus nicht im Geringsten und führt nicht über die Vernachlässigung anderer Briefe.

Wir sprechen jetzt darüber, wozu dieser Brief besonders dient.

Das ist also eine mystische Botschaft, das ist ein Buch, das viele Rätsel beantwortet, es gibt Antworten auf viele Fragen von Kohelet, es wurde von einem gebildeten Juden geschrieben, einem jüdischen Intellektuellen des 1. Jahrhunderts (lassen wir ihn unbekannt). An wen ist es geschrieben? ‒ Auch darüber gibt es viele Diskussionen. Warum gibt es Diskussionen darüber, wenn es sich doch um „Brief an die Hebräer“ handelt? Weil religiöse jüdische Gemeinschaften unterscheiden sich: Es gibt Essener, es gibt Pharisäer, es gibt galiläische Juden, Juden aus Judäa…, auch während der Zeit des Zweiten Tempels gab es viele verschiedene Sekten, Richtungen und so weiter. Natürlich stellt sich die Frage: an wen schreibt der Verfasser des Briefes? Auf der einen Seite, der Tatsache nach zu urteilen, dass am Ende der Botschaft die Bitte steht, eine bestimmte Person zu begrüßen, schreibt der Autor an eine bestimmte Gemeinschaft. Und dennoch ist das eine Predigt von sehr breitem Profil, man kann sagen sie ist interreligiös, sie ist für sehr viele bestimmt, nicht für „das Judentum“, sondern für alle „Judentümer“, die es im 1. Jahrhundert gab.

Der Autor des Hebräerbriefes denkt sehr frei, er ist ein sehr offener Mensch, offen für neue Ideen und er ermutigt seine Leser, sich neuen Ideen zu öffnen. Außerdem sagt er ihnen: Bleibt nicht in den ersten Klassen stecken, sondern lernt weiter, geht beharrlich vorwärts. In seiner Sprache ausgedrückt: „Lass uns ausreißen, lass uns vorwärts gehen.“ Der Autor erzählt die tiefsten Geheimnisse des Universums und ermutigt jeden, diese wunderbare Welt zu betreten, was auch wir, gemeinsam mit ihm versuchen werden.

Die Botschaft ist sehr komplex, sehr reichhaltig und zum Teil sehr grundlegend und wahrscheinlich deshalb am wenigsten verstanden. Weniger verstanden, weil es eine Einstellung zu diesem Text gibt: Für bequemen Gebrauch, zur Erleichterung bei Disputen, Diskussionen und einfach zum Zweck des Studiums ist der Text in Kapitel unterteilt, Kapitel sind in Verse unterteilt. Das ist einerseits gut, weil man alles, was wir brauchen, leicht im Text findet; andererseits ist das sehr schlecht, denn jeder Vers kann von uns als kompletter Gedanke wahrgenommen werden, als eine Art Aphorismus, als Aussage, die auf ein T-Shirt gedruckt, auf einen Zaun oder auf ein Werbeplakat geschrieben werden kann. Dabei drückt der Autor alle seine Gedanken im Kontext aus, und wenn wir anfangen so zu schauen, wenn wir die Botschaft zusammen mit dem Kontext lesen, dann gewöhnen wir uns vielleicht ab, aus dem Kontext gerissene Verse zu zitieren, und vielleicht werden wir es schaffen einige Verse etwas anders zu betrachten. Wenn uns das gelingt, bedeutet es, dass dieses ganze Unternehmen nicht umsonst war ‒ und das ist es, worum es geht.

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